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Aus: Ausgabe vom 16.10.2012, Seite 13 / Feuilleton

Münzenberg, bitte klären!

Heute liest der Krimiautor Volker Kutscher um 18 Uhr im Willi-Münzenberg-Saal des ND-Gebäudes am Berliner Franz-Mehring Platz 1. Vorgestellt wird sein Buch »Der nasse Fisch / Gereon Raths erster Fall). Ungelöste Mordfälle nannte man Ende der 1920er Jahre im Berliner Polizeipräsi­dium »Nasse Fische« – jedenfalls steht das so bei Kutscher. Er folgt dem literarischen Trend, zeitgeschichtliche Phänomene in der Perspektive eines smarten Kriminalkommissars zu betrachten. Seit Wolfgang Schorlau den Mord am Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder in seinem Krimi »Die blaue Liste / Denglers erster Fall« fiktional aufklärte, beackern Krimischriftsteller mehr und mehr die Felder, die Historiker links liegenlassen.

Bei Kutscher stimmt nicht nur das zeitgeschichtliche Kolorit, auch die Tatorte sind auf alten Stadtplänen genau auszumachen. »Der nasse Fisch« führt ins Rotlichtmilieu rund um die ehemalige Berliner »Ostbahn« und auch zum ehemaligen Vergnügungstempel Plaza, auf dessen Gelände zwischen 1969 und 1972 das ND-Gebäude mit Mitteln aus der SED-Rentenkasse hochgezogen wurde.

Sollte Kutschers literarischer Atem bis 1940 reichen, dann könnte sein Protagonist auch den mysteriösen Tod von Willi Münzenberg im Sommer 1940 aufklären. Mord oder Selbstmord? Der endlose und bislang fruchtlose Streit von Historikern und Politologen wäre auch für den postkriminalistischen Kutscher eine Herausforderung. Genau wie weitere zu bearbeitende Fälle: Kirow 1934, Sikorski 1943, Kennedy 1963, Lamberz 1978 usw.

(Hawe)

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