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Aus: Ausgabe vom 10.01.2011, Seite 4 / Inland

Reaktionen: »Begeistert empfangen«

Auf Spiegel online hieß es am Sonnabend zum Auftritt der Linke-Vorsitzenden:

Lötzsch macht am Samstag einen halben Rückzieher: Die Teilnahme an der geplanten Diskussionsrunde bei der von der jungen Weltorganisierten Rosa-Luxemburg-Konferenz sagt sie kurzfristig ab. Statt dessen entscheidet sie sich für einen Vortrag vor demselben Publikum. Sie wolle »unabgelenkt von anderen Diskussionsteilnehmern ihre Positionen« vortragen, lautet ihre offizielle Erklärung – allerdings hatten zuvor auch manche Genossen deutlich signalisiert, daß sie eine Debatte von Lötzsch mit der früheren RAF-Terroristin Inge Viett und der DKP-Vorsitzenden Bettina Jürgensen zum Thema »Wo bitte geht’s zum Kommunismus?« für unklug hielten. (…) Im Urania-Haus erhält Lötzsch (…) viel Applaus. Überhaupt ist ihr das Publikum sehr gewogen: Lötzsch wird begeistert empfangen, als sie aufs Podium tritt. Rentner mit Thälmann-Mützen und Jugendliche mit rotem Stern auf dem Kapuzenpullover wollen gar nicht aufhören zu klatschen. Es ist nur die Frage, ob der Beifall für Lötzsch von den richtigen Leuten kommt.

Zeit online berichtete am Sonntag über die Konferenz:

So oder so, eigentlich konnte Gesine Lötzsch es zum Schluß nur noch falsch machen. Soll die Vorsitzende der Linkspartei mit einer ehemaligen RAF-Terroristin und der Vorsitzenden der DKP auf der »XVI. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz« diskutieren, und das nach ihrem aufsehenerregenden Aufsatz über »Wege zum Kommunismus«? Oder besser ganz fernbleiben von dem Sektierertreffen, das die linksradikale Zeitung junge Welt– früher mal FDJ-Zentralorgan – organisiert hat? Lötzsch entscheidet sich für den Versuch, es allen recht zu machen. Sie zieht ihre aus Sicht von Fraktionschef Gregor Gysi unvorsichtigerweise gemachte Zusage für die Teilnahme an der Diskussionsrunde zurück. Statt dessen hält sie am Samstag abend im Berliner Urania-Haus eine knapp halbstündige Rede, die klarstellen soll, daß sie selbst zwar den Kommunismus in Deutschland nicht einführen will, aber »Sprech- und Denkverbote« auch nicht akzeptiere. Eine »Unverschämtheit« sei es, an ihr als Demokratin zu zweifeln. »Keine Partei im Land nimmt die Demokratie so ernst wie die Partei Die Linke«, versichert sie. Ein Raunen geht da durch den Saal, vielleicht ist manch einer doch ein wenig enttäuscht.

Stellungnahme des Ältestenrates der Partei Die Linke:

Die derzeitige antilinke Hysterie der Herrschenden und ihrer Medien mahnt die demokratische Öffentlichkeit unseres Landes zur höchsten Wachsamkeit. Die geschichtlichen Lehren, ihre eigenen Lebenserfahrungen gebieten es den Mitgliedern des Ältestenrates, sich unmißverständlich zu Wort zu melden. Denn wie schon oft seit Marx’ Zeiten geht es um ein Gespenst, diesmal in der Art eines Artikels, und vor allem seines Titels, »Wege zum Kommunismus« der Vorsitzenden der Partei Die Linke, Gesine Lötzsch.

Die Angriffe offenbaren die wahren Hintergründe und Ziele der haßerfüllten, dem Grundgesetz und der Meinungsfreiheit widersprechenden Kampagne. Es geht um ein gezieltes Ablenkungsmanöver angesichts des krisengeschüttelten kapitaldominierten Systems und der damit zunehmenden sozialen und politischen Spannungen, des schwindenden Einflusses der regierenden Parteien, des anwachsenden Protestpotentials in der Bevölkerung. All dem soll mit Demokratie- und Sozialabbau begegnet werden. Dazu muß ein innerer Feind, ein Schreckgespenst her. Der offene Antikommunismus verdeckt nur, daß es im Grunde um die Ausgrenzung (bis zu Verbotsforderungen) Der Linken bis hin zur Aushebelung des Grundgesetzes geht. Der eigentliche Inhalt des Artikels mit den auf soziale Gerechtigkeit und Friedenspolitik gerichteten Alternativkonzepten, der Orientierung Der Linken und der Verfasserin des Artikels auf einen demokratischen Sozialismus, auf die untrennbare Einheit von Sozialismus und Freiheit bleibt außen vor. Man bemüht sich noch nicht einmal, wahrheitsgetreu zu zitieren, mißbraucht die Unwissenheit der Leser, die ja in ihrer Mehrheit keine Leser der jungen Weltsind, um die öffentliche Meinung skrupellos zu manipulieren. Angesichts der noch zu erwartenden Zuspitzung der Lage, der Furcht vor dem Anwachsen des Einflusses der Linken, des Zusammenwirkens verschiedener demokratischer Kräfte setzt man auf Unsicherheit, auf geschürte Ängste der Bürger und deren Gehorsamkeit.

Die Linken sind herausgefordert, daher vor allem offensiv aufklärend zu wirken, allen undemokratischen Angriffen zu wehren. Daher sind Vorbehalte einiger ihrer Vertretet der Art »das kann ja Gesine so nicht gemeint haben« oder »ich hätte es so nicht formuliert« der Situation wenig dienlich. Sie laufen eher Gefahr, der so notwendigen Solidarität und Solidität der Linken und der Sache der Demokratie und der Meinungsfreiheit in Deutschland zu schaden.