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Aus: Ausgabe vom 13.01.2010, Seite 13 / Feuilleton

Kunst-Bizzeln

Deutsche Sekthersteller täuschen nach einem Bericht des ZDF-Magazins »Frontal 21« seit Jahren die Verbraucher. Wie der Sender am Dienstag vorab berichtete, fanden TÜV-Prüfer bei Stichproben in Markensekten teilweise hohe Anteile industriell hergestellter Kohlensäure. So seien in der »Schwarzen Mädchentraube«, die von der bayerischen Sektkellerei Schloß Nymphenburg vermarktet wird, 80 Prozent fremde Kohlensäure gefunden worden. Beim badischen Sekt »Schloss Munzingen« seien es 59 Prozent und bei »Rotkäppchen«-Sekt 32 Prozent gewesen. Dies sei ein Verstoß gegen die EU-Schaumweinverordnung. Danach dürfe Schaumwein lediglich Kohlendioxid erhalten, das aus der alkoholischen Gärung stammt. Ein Schaumwein mit künstlich zugesetzter Kohlensäure dürfe nicht mehr Sekt heißen, erklärte »Frontal 21«. Das Magazin zitierte den Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftskammer, Norbert Schindler, mit den Worten, es handele sich um einen »Vertrauensbruch« gegenüber dem Verbraucher.

Der Verband Deutscher Sektkellereien wies die Vorwürfe zurück. Beim Abfüllen von Sekt aus Gärtanks komme Lebensmittelkohlensäure zum Einsatz. Diese habe chemisch die gleiche Zusammensetzung wie die durch Gärung im Sekt entstandene Kohlensäure. Nach Angaben des Verbands werden pro Jahr derzeit rund 430 Millionen Flaschen Sekt in Deutschland hergestellt. Sekt oder Champagner entstehen, wenn Wein mit Zucker und speziellen Hefen versetzt wird und zu gären beginnt. Dabei spaltet sich der Zucker in Alkohol und Kohlendioxid. Die im Sekt gelöste Kohlensäure sorgt nach dem Öffnen der Flasche für das typische Perlen des Schaumweins. Bei der traditionellen Methode wird der Wein ausschließlich in der Flasche zu Sekt vergoren. Da dieses Verfahren relativ teuer ist, wird es in Deutschland nur noch bei besonders hochwertigen Marken angewandt.


(apn/jW)

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