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Aus: Ausgabe vom 24.07.2009, Seite 13 / Feuilleton

Lothar Lambert nicht in Rente

Heute wird Lothar Lambert, Berlins letzter großer Neorealist des Sublimen und Perversen, 65. Der Mann kennt keine Rente, dreht seine Filme ohne Team, Geld und Drehbuch, aber mit Laien und Halbprofis und kämpft um eine Wahrhaftigkeit, die ihn zum einzig legitimen Nachfolger von Rainer Werner Fassbinder gemacht hat. Seine Untergrundfilme ticken wie die Zeitbomben im Gefühlssalat peinlicher Situationen, verheimlichter Wünsch und enttäuschter Erwartungen. »Na, was bringt einen denn zum Ticken oder Klicken oder wie man sagt, in Bewegung?« fragt er. Was ist denn sonst noch? Es sei denn, man macht ein Märchen oder einen Krimi.« Macht 34 Filme seit 1971. Im Berliner Kino Brotfabrik zeigt er nun jeweils um 22 Uhr seine drei Lieblingsfilme aus der eigenen Produktion. Heute läuft »Du Elvis, ich Monroe« (1989), in dem ein Teilnehmer von Schäubles aktueller Islam-Konferenz zur Gitarre Elvis-Lieder zum besten gibt. Im Vorprogramm wird Lamberts neuester Kurzfilm »Hilka will noch« gezeigt: In 13 Minuten präsentiert sich Hilka Neuhof in Auseinandersetzung mit Lambert »als unerschrockene Selbstdarstellerin« (Lambert). Von Samstag bis Montag läuft der tolle Problemfilm »1 Berlin-Harlem« (1974) und am Dienstag und Mittwoch »Die Alptraumfrau« (1980) – eine ferne Botschaft aus einem ebenso untergegangenen wie selbstgemacht funkelnden New- Wave-Westberlin. (jW)

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