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Leserbrief zum Artikel China und Klimawandel: Die Erde planen vom 28.10.2020:

Flugscham und Atommüll

Das sind umfangreiche Informationen – und erfreuliche, zumindest was den Ausbau der regenerativen Energiequellen, die Verkehrswende und die Aufforstungsprogramme in China betrifft. Zwei Punkte verdienen Kritik – sei diese nun »durch die Romantik« (des Überlebenwollens?) geprägt oder eher durch einen wohlverstandenen Rationalismus. »Wohlverdienter Urlaub« per Flugzeug als »zivilisatorische Errungenschaft«? Beliebige Verschwendung für beliebig viele Menschen auf einer einzigen verfügbaren Erde? Die ökologisch viel, viel sanftere, wahrhaft zivilisatorische Errungenschaft Eisenbahn kann unter anderem sehr viel mehr Urlaubsreisen mit sehr viel schwächerem ökologischen Fußabdruck ermöglichen, wurde aber durch völlig fehlende Kostenwahrheit mit Quasigratisfliegerei z. B. in den USA weitgehend »wegkonkurriert« (außer an der zivilisatorisch reiferen Ost- und Westküste, wo sie in brauchbarem Ausmaß fortbesteht), wird in China und von China aus zum Glück noch ausgebaut und unterliegt in Europa beiden Tendenzen zugleich: Sie ist für den Verbraucher auch zum reduzierten Mehrwertsteuersatz noch zu teuer, Flüge werden trotz des sehr berechtigten »Jubels« über ihren vorübergehenden Ausfall nicht dauerhaft gestrichen oder halbwegs kostendeckend besteuert. Mehr Flugscham, bitte!

Und, gleich zweimal im Text (6. Spalte, 1. und 2. Abschnitt): Atomenergie als »grüne Energie«? Dass Fragen nach Kohlenstoffdioxid-Emissionen/Erderwärmung und nach der Strahlungsgefahr qualitativ völlig verschieden sind, ändert nichts daran, dass beide das Überleben aller Menschen und sehr vieler Tiere existenziell bedrohen. Wäre von Kernfusion statt von Kernspaltung die Rede, so wäre die spezifische Problematik nochmals anders (Entsorgung nicht der Brennstoffrückstände, sondern der Reaktorwände, Zeithorizont womöglich deutlich kürzer, dafür Wirtschaftlichkeit noch schlechter, falls Konstruktion überhaupt möglich). Alle drei – Fusion, Spaltung, Fossilienverstromung – bremsen auch den erforderlichen Ausbau der regenerativen Quellen unverantwortlich aus. Längst besteht hingegen der bewährte »Fusionsreaktor Sonne«, der noch astronomische Zeiträume lang gratis vor sich hin strahlen wird. Da zugreifen wäre einfacher, billiger, ungefährlicher, besser. Da aber auch hinsichtlich China noch von Spaltung die Rede ist: Wo verstaut denn China – sollte es, hoffentlich, der Welt ein weiteres Tschernobyl oder Fukushima ersparen – seinen Atommüll? (Und wo übrigens Polen, das laut jW vom 4.11. ebenfalls nicht die Finger von der Spaltung lässt und also auch seinerseits das nächste Tschernobyl oder Fukushima stellen könnte …) Fast schon ein Nebenaspekt ist, dass Transporte von Uran und Atommüll wohl auch nicht ganz CO2-frei erfolgen. Nicht so ganz nebensächlich sind vielleicht doch die weltweit etwa 20.000 jährlichen Toten im Uranbergbau.
Bernhard May, Solingen
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Rationalismus oder Romantik?

    Dem Autor des Artikels danke ich für seinen sehr informativen und aufschlussreichen Beitrag, dem ich weitgehend zustimme. Anderer Meinung als er bin ich allerdings in bezug auf seine Gegenüberstellung...
    Dr. Klaus Robra