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Leserbrief zum Artikel Tarifverhandlung: Kämpfen lohnt sich vom 26.10.2020:

Aus dem Paralleluniversum

Wenn einem morgens am Bahnhofskiosk die Gesichtszüge entgleisen und man sich ernsthaft fragt, ob man die richtige Zeitung erhalten hat, beschreibt nur grob den Gemütszustand nach einer langen Nachtschicht. Vielleicht kann der Überschrift zugestimmt werden, betrachtet man nur die nackten Zahlen, aber wenn selbst die nicht mal im Artikel erwähnten 28 Monate Laufzeit wenigstens dazu in den Zusammenhang gestellt werden, erübrigt sich eigentlich jede Analyse als sinnlos. Diese Einigung ist alles andere als ein Erfolg. Während ein Teil der Beschäftigten bevorzugt wird (und selbst das ist noch meilenweit von einer überfälligen Aufwertung entfernt), wird es andererseits bei den restlichen Kolleginnen und Kollegen »eingespart« – der typische Umverteilungsmove, der zur Spaltung innerhalb einer Organisation statt zu einiger Solidarität beiträgt, nur um der aufgehübschten Prozentzahlen willen. Einen Teil der Pflegeprämien und Zuschläge finanziert nun die Sparkassensonderzulage der düpierten Kolleginnen und Kollegen, sowie zehn Monate Nullrunde (erst ab Juli 21 gibt es dort die 1,4 Prozent). Das in einer Zeit, in der Daimler wieder 2,05 Milliarden Euro an Aktionäre ausschütten kann, die Friede dem Mathias an der Steuer vorbei eine Milliarde Euro an Aktien schenkt und die Reichen nach kurzer Delle wieder reicher werden. Schlimm auch in einer vorgeblich linken Tageszeitung lesen zu müssen, dass das Addieren und Summieren von Beträgen über die üblichen zwölf Monate hinaus mittlerweile einfach hingenommen wird, denn spätestens dann hätte man erkennen müssen, dass die rund 1,2 Prozent im Mittel gerade noch ein Viertel der ursprünglichen Forderung ausmachen. Das wird einem dann als erkämpfter Erfolg verkauft. In dieser Runde wäre deutlich mehr drin gewesen, sowohl prozentual für alle, als auch eine viel kürzere Laufzeit, nur macht Verdi da weiter, was der Bsirskes Frank über die Jahre erfolgreich fürs Kapital auf den Weg gebracht hat: Für dumm verkaufte Beschäftigte sollen sich über am Boden liegende Krümel freuen.
Alexander Brandner
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