Leserbrief zum Artikel Kommentar: Wer schweigt, der billigt
vom 25.07.2020:
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Die Partei Die Linke warb im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 mit einer klaren antimilitaristischen Haltung: »Gegen die Militarisierung der EU: Abrüsten. Mit den Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) soll ein Militärhaushalt ins Leben gerufen werden, über den bevorzugt Pesco- bzw. Permanent-Structured-Cooperation-Rüstungsprojekte finanziert werden sollen. Das bedeutet im Klartext: die EU zu militarisieren. Die Bundesregierung treibt diese Entwicklung voran, Die Linke lehnt eine militarisierte EU ab. Abrüstung, nicht Aufrüstung schafft Frieden! Die geplanten Rüstungshaushalte EVF, Europäische Friedensfazilität (EFF) und die Ausgaben für Militärische Mobilität müssen gestrichen werden.« Nun wissen wir alle, dass nach der Wahl nicht vor der Wahl ist, aber vor der nächsten Wahl. Diese Aussage der Partei Die Linke gilt seit dem 23. Juli 2020 nicht mehr. An diesem Tag verabschiedete das Europäische Parlament mit den Stimmen der großen Mehrheit der »Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke« (GUE/NGL) eine Entschließung zu den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020. Unter Punkt 14 wird aufgezeigt, dass es 2021 weniger Mittel als 2020 für das »Leitprogramm« geben könnte. Ausdrücklich wird hier der Europäische Verteidigungsfonds genannt. In der Schlussabstimmung votierten 29 der 39 Mitglieder der GUE/NGL für diese Entschließung, somit auch für den Europäischen Verteidigungsfonds. Darunter auch vier deutsche Abgeordnete der Partei Die Linke. Offensichtlich ist man hier auf Aufrüstungskurs. Die linken EU-Parlamentarier nähern sich immer mehr den Positionen von Konservativen, Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen an. Damit machen sie sich am Ende selbst überflüssig.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.08.2020.