4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Leserbrief zum Artikel »Defender 2020«: USA setzen Transporte aus vom 14.03.2020:

Nobelpreis für Virus

Das sind doch wirklich mal gute Nachrichten, die mir den Coronavirus fast schon symphatisch machen. Während Schulen geschlossen, Großveranstaltungen gecancelt und Grenzen dichtgemacht werden, wird aber trotzdem immer noch an dem Irrsinn dieses Kriegsmanövers insgesamt festgehalten. Hier kann man nun eben sehen, wo die Prioritäten dieses verbrecherischen politischen Systems liegen: Profite und dafür angezettelte Kriege sind eben immer wichtiger als Menschenleben! Das historische Zeitfenster für die Hegemonie der »westlichen Wertegemeinschaft« schließt sich mehr und mehr, und seine Machthaber wissen das. Sozial, moralisch und kulturell ist es am Ende, nur die militärische Dominanz ist noch einigermaßen unangefochten und kann dem Abstieg entgegengehalten werden. Da ist eben für ein paar Jahre mehr Zeit fürs Geldscheffeln, dafür, Menschen verhungern zu lassen, den Planeten zu verwüsten und sich den eigenen Herrenmenschenphantasien hinzugeben, auch ist am Ende die Zerstörung jeder lebenswerten Zukunft für die Menschheit als Kollateralschaden eingeplant.
Merkel hat gerade verkündet, man solle soziale Kontakte meiden. Klar, denn soziale Kontakte unter uns »Normalbürgern« sind immer gefährlich für den Kapitalismus. Wer weiß, was man da aushecken kann! Kriegsspiele mit 35.000 Berufskillern an der Grenze zu Russland als sozialer Massenkontakt von einem Haufen Verrückter offenbar nicht. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Einem Virus ist es egal, ob jemand eine Uniform trägt und in einem Panzer sitzt oder ob er Fußball spielt und Fahrrad fährt. Er ist nur ein Virus, was ihn mir in seiner Neutralität liebenswerter macht als Kriegstreiber à la Trump oder Merkel. Und wer weiß: Vielleicht werden wir eines Tages in Geschichtsbüchern lesen, dass anno 2020 eine geplante Vorbereitung für einen Dritten Weltkrieg durch einen Virus zum Stillstand kam, was eine kleine Fußnote darstellte hin zu einer politischen Entwicklung, die letztendlich die Welt veränderte und den Untergang der Menschheit in letzter Minute verhinderte. Das entlastet uns natürlich nicht davon, für den Frieden auf Demonstrationen und Blockaden zu streiten, denn was da mit »Defender2020« in Gang gesetzt wird, wird am Ende weit mehr Menschen töten, als es jeder Virus je könnte. Wenn der Coronavirus dieses Kriegsmanöver stoppt oder wenigstens in seiner Wirkung abmindert, hat er auf jeden Fall mehr für den Frieden geleistet als Trump, Merkel und Co. in ihrem ganzen Leben. Und daher würde ich in diesem Falle, falls er denn eintritt und wohl wissend, dass er es dann eher verdient hätte als die EU oder ein Barack Obama, nicht ein bisschen davor zurückschrecken, den Coronavirus für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen.
Ulrich Guhl, Strausberg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.03.2020.