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Leserbrief zum Artikel Psychologie: Verdrängter Klassiker vom 21.02.2020:

Erhellend

Was für ein erhellender Themenbeitrag! Mit »Verdrängter Klassiker« wird aufgeklärt, warum so viele Prekarier, resignierte, verarmte, entwürdigte Menschen, rechtsextrem, also die AfD wählen. Reich, Fromm und Peglau sei Dank! In seinem Buch »Rechtsruck im 21. Jahrhundert« hat Andreas Peglau die Analysen von Wilhelm Reich vor über 80 Jahren mit aktuellen Daten für unsere Epoche bestätigt. Linke erklären m. W. die Erfolge der reaktionären Neoliberalen mit der sozialen Ungerechtigkeit des herrschenden Systems. Konservative neoliberale Parteien weisen distanzierend v. a. auf den Rassismus hin. Aber auch der mörderische Rassismus ist nicht nur ethnisch zu verstehen, sondern »muss als ein soziales Verhältnis begriffen werden«. So stand es am 22./23.2. im wiederum sehr lesenswerten Themenbeitrag (»Kitt der Klassengesellschaft«, jW). Hier wird eine sonst verdrängte Antwort gegeben auf die existentielle Frage des Autors: »Wie ist es möglich, dass sich Menschen – auch heute wieder – entgegen ihrer objektiven Interessen verhalten, verlogenen Politikern und offen reaktionären Parteien hinterherrennen oder freiwillig Systemen zuarbeiten, in denen sie manipuliert, ausgebeutet, unterdrückt oder gar in den Tod geschickt werden?« Mit Reich bekommt Antifaschismus eine umfassende Bedeutung. Auch moderne Wissenschaftler wie Gerald Hüther legen Wurzeln des autoritären Charakters im Sinne von Reich und Fromm offen. Das Versagen der Psychoanalyse durch Anpassung an jeweilig herrschende Gesellschaftsformen wird durch die angezeigte Rehabilitierung Reichs noch deutlicher. Nachdenklich stimmt mich besonders folgender zitierter Gedanke Reichs: »Versucht man die Struktur der Menschen allein zu ändern, so widerstrebt die Gesellschaft. Versucht man die Gesellschaft allein zu ändern, so widerstreben die Menschen. Das zeigt, dass keines für sich allein verändert werden kann.«
Manfred Lotze, Hamburg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 29.02.2020.
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    Mary-Louisa Perez
  • Schlechte Voraussetzungen

    Eine emanzipatorische Linke ist gut beraten, Solidarität, Fairness, Freiheit und Gleichheit zu propagieren. Schlecht beraten ist sie allerdings, an das Gute, Soziale im Menschen schlechthin zu glauben...
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