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Leserbrief zum Artikel Sammlungsbewegung: Enttäuschung und Applaus vom 18.03.2019:

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Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben: Sahra Wagenknecht sucht nach der Wahrheit, und wer versucht Zweifel, Kritik und Fragen abzuwürgen, der begibt sich auf den Weg zum Dogma, und das war die Hauptursache für das Scheitern des Sozialismus. Die Sammlungsbewegung »Aufstehen« in Thüringen war auch am 16. Februar in Erfurt zur bundesweiten Aktion »Bunte Westen« aktiv, und ich war dabei. Die Redner auf dem Erfurter Anger riefen den Bürgern zu: »Unsere Wut wächst! Wir müssen alle aufstehen gegen solche Missstände in Deutschland.« Aber das ist leichter gesagt als getan. Viele Bürger sind von der Politik enttäuscht. Trotz aller Sonntagsreden und moralischen Appelle, die der Meinung sind, dass wir das beste politische System, »die Demokratie«, haben und das beste wirtschaftliche System, »die soziale Marktwirtschaft«, geht die Schere zwischen Arm und Reich von Jahr zu Jahr immer weiter auseinander. Der Lebensstandart bei vielen Bürgern sinkt ständig, und seit 1972 starben mehr Menschen, als Kinder geboren wurden, denn Kinder sind ein Armutsrisiko.
Fast jeder vierte arbeitet für Niedriglohn unter zehn Euro in der Stunde. Aber die Wirtschaft ist Jahr für Jahr leistungsfähiger. Niedrige Löhne werden vor allem dort gezahlt, wo sich die Beschäftigten nicht zur Wehr setzen können oder wollen. Ende 2018 waren 45,01 Millionen Bürger in Arbeit, aber davon sind nur 5,9 Millionen in einer Gewerkschaft. Wenn man fragt, warum bis du nicht in der Gewerkschaft, kommen solche Ausreden wie: »Ich bekomme Ärger, wenn ich mich engagiere.« Die Beschäftigten haben Angst vor Hartz IV. Das ist eine ausgeklügelte staatliche Disziplinierung der Beschäftigen zur Spaltung der Gesellschaft, um Niedriglöhne durchzudrücken. Hartz IV hat Kinder- und Altersarmut zu verantworten und zunehmende Obdachlosigkeit und, nicht zu übersehen, den Rechtsruck in der Gesellschaft.
Die Flüchtlinge sind 2015 in die EU und die BRD hereingelenkt wurden, um für Politchaos zu sorgen, die Bevölkerung zu entzweien, gegeneinander auszuspielen und die linken Oppositionskräfte zu schwächen. Dadurch sollten die eigentlichen Probleme unserer Gesellschaft ausgeblendet werden. Darüber wird nicht polemisiert, aber über die Kosten für die Flüchtlinge äußern die sogenannten besorgten Bürger immer lauter ihren Unmut. Da heißt es: Flüchtlinge wollen sich nicht integrieren, sie leben auf unsere Kosten! Aber am schnellsten werden doch die Flüchtlinge durch einen Arbeitsplatz integriert. Doch wer als Asylbewerber nach Deutschland kommt, darf erst einmal drei Monate nicht arbeiten und hat es auch danach schwer, einen Job zu bekommen.
Das sind nur einige Schwerpunkte für unsere politische Arbeit, aber wenn wir uns weiter streiten, statt nach Lösungen zu suchen, werden wir viele Wähler verlieren.
Lenin äußerte sich dazu sinngemäß: Klug sind nicht die Genossen, welche versuchen, ihre Fehler zu vertuschen oder an andere abzuwälzen, sondern die Genossen, welche ihre Fehler zugeben und versuchen, es friedlich mit anderen zu korrigieren. Deshalb gibt es in der politischen Arbeit keine andere Möglichkeit, die Mitglieder zu aktivieren, als dass die Funktionäre und Mandatsträger nicht verzagen und für die Mitglieder ein Vorbild sind.
Stanislav Sedlacik, Weimar
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.03.2019.
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