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Leserbrief zum Artikel Klaus Kinkel verstorben vom 06.03.2019:

Vorarbeit geleistet

Bestürzung und Trauer zum Tod des früheren Außenministers Kinkel erfüllt Politiker und die Medien. Merkel trauert um einen kompromisslosen Streiter für Freiheit und Demokratie. Als großer Liberaler und Patriot wird Kinkel in Nachrufen bedacht. Mir fällt in Erinnerung an den Mann das ein, was er am 19. März 1993 in der FAZ erklärte: »Nach außen gilt es etwas zu vollbringen, woran wir zweimal zuvor gescheitert sind: im Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren Wünschen und unserem Potential entspricht … Wir sind aufgrund unserer Mittellage, unserer Größe und unserer traditionellen Beziehungen zu Mittel- und Osteuropa dazu prädestiniert, den Hauptvorteil aus der Rückkehr dieser Staaten nach Europa zu ziehen. Dies gilt nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Stellung der deutschen Sprache und Kultur in Europa.« 25 Jahre später wird das, was er meinte, deutlich sichtbar. Die Staaten des Ostens zurückholen – und, wenn es sein muss, mit den alten traditionellen Mitteln und Methoden, mit Panzern und Soldaten, die wieder an der Ostgrenze stehen. Nach Gorbi und Jelzin werden die Wünsche Großdeutschlands nicht mehr so eilfertig und selbstlos bedient. Eine Außenpolitik, die lernen wollte aus dem zweimaligen Scheitern, die hat er nicht gemeint, und seine Nachfolger haben es schon gar nicht. Der Einklang mit unseren Nachbarn, denen im Osten insbesondere, das ist wohl nie so ernsthaft gemeint gewesen. Am deutschen Wesen hat die Welt zu genesen. Insofern hat Kinkel Vorarbeit geleistet. Wer hätte die 1993 deutsche Politik so beschrieben, wie sie heute ist? Wer mag sie heute weiter und zu Ende denken?
Roland Winkler, Aue
Veröffentlicht in der jungen Welt am 08.03.2019.