Leserbrief zum Artikel Marxismus: Widerspruch und Dialektik
vom 11.12.2018:
Vor- oder Endgeschichte
Hingegen legt die Lektüre z. B. nahe, die »Revolution von 1917 potenzierte … den Marxschen Annahmen diametral (?) entgegengesetzt … Distanz«: aber als reine Disputation zwischen Ideen von Lenin, Gramsci, Kun, Stalin und Lukács. Jedoch bestand das materiell Besondere an »den Bedingungen … im Widerspruch zur Marxschen Theorie«: a) in der kleinen Menge = ein paar Hunderttausend Proletarier(innen) von über 125 Millionen in Russland bei 86 Prozent Landbevölkerung; b) der kleinbäuerlich folkloristischen Prägung, die die meisten Jungarbeiter in die kriegstechnisch frischgebauten Industriezentren um Petrograd und Moskow mitgebracht hatten; c) im fürchterlich depressiven Jahrzehnt nach der nachhaltigen Niederschmetterung der politischen Streiks von 1905. Unter diesen Bedingungen mussten die Bolschewiki, um das Kriegsgemetzel zu beenden, eine »Revolution gegen das Kapital« (Gramsci) machen.
Haug sieht uns heute noch in der »Vorgeschichte des Marxismus«. Wenden wir uns aber nicht bald mit Marx und Engels sowie Leninscher Eigenwilligkeit dem empirischen Alltagsbewusstsein in der Arbeitskraftverkäufer(innen)-Klasse und im Kleinbürgertum zu (unter Bedingungen von »Industrie 4.0«), kann es gleichzeitig die Endgeschichte des Marxismus werden!