Leserbrief zum Artikel Fusion von Karstadt und Kaufhof genehmigt
vom 10.11.2018:
Der große Bluff
Es geht hierbei aber nicht um das klassische Geschäft im Einzelhandel, wie es in der Öffentlichkeit gerne kommentiert wird, sondern um die »milliardenschweren« Immobilien von Galeria Kaufhof, an denen Benkos Signa-Holding jetzt mit 50 Prozent beteiligt ist. Schließungen von Filialen werden vorerst eher die Ausnahme sein. Vielleicht werden Karstadt- und Galeria-Kaufhof-Filialen dort geschlossen, wo es seit Jahren einen immensen Investitionsstau gibt (z. B. Karstadt Mainz) und sich die Immobilie im Besitz von René Benko befindet, oder in Trier, wo zwei Galeria-Kaufhof- und eine Karstadt-Filiale in unmittelbarer Nähe in der Fußgängerzone liegen. Aber Schließung bedeutet nicht automatisch Leerstand, sondern Umbau. Im Erdgeschoss der Immobilien werden dann kleine Shops, ein Restaurant oder Bistro, ein Sportstudio, ein Sonnenstudio oder eine Apotheke einziehen, im ersten und zweiten Stock werden Büros angesiedelt, und im dritten und vierten Stock werden hochpreisige Mietwohnungen angeboten. Sind dann die Zahlen in der Bilanz einigermaßen akzeptabel, dann wagt René Benko mit dem neuen Unternehmen den Börsengang. Mit diesen Einnahmen, denn wer nimmt schon gerne das eigene Geld, wenn man Großes vor hat, wird dann mindestens die Hälfte der 243 Filialen nach dem zuvor genannten Konzept umgebaut. Denn nicht der Umsatz bringt perspektivisch einen Gewinn, sondern die Mieteinnahmen. Das »Retail«-Geschäft von Karstadt und Galeria Kaufhof wird dann der Vergangenheit angehören. Vielleicht sind dann von den jetzt 23.000 Beschäftigten auch nur noch 10.000 vorhanden, die anderen sind bestenfalls »Minijober« bei den Klein(st)unternehmern in den Karstadt-Galeria-Kaufhof-Filialen. Die Betriebsräte und die Gewerkschaft verdi agieren in dieser Gemengelage wie immer plan- und ziellos. Bei den Beschäftigten handelt es sich dann um Kollateralschäden.