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Leserbrief zum Artikel Lohnarbeit im Osten weiter preisgünstiger vom 25.07.2018:

Semantische Disziplinierung

Klaus Müller hat mit dem Begriff »Ausbeutung« die Klarstellung wesentlicher Begriffe fortgesetzt. Die irreführende bürgerliche Begrifflichkeit in der Ökonomie klar- und richtigzustellen ist unverzichtbar für unser gesamtes Verständnis der marxistischen politischen Ökonomie, der Entzauberung der bürgerlichen Ökonomie. Immer wieder lesen wir von »Arbeitskosten«, womit uns gern erklärt werden soll, auf welch hohem Lohnniveau in Deutschland angeblich gejammert wird und wie unsere Unternehmerklasse es sich doch soviel kosten lasse, ihren sogenannten Arbeitnehmern Wohlstand zu bieten. Preisgünstigere Lohnarbeit im Osten, also unter Westniveau, heißt das nicht auch profitablere Ausbeutung von Arbeitskraft? Was heißt »Arbeitskosten«? Was kostet Arbeit? Wer gibt, wer nimmt Arbeit, zu welchem Preis und unentgeltlich angeeignetem Mehrwert? Wenn wir die Zusammenhänge und Begriffe um Kapital und Arbeit nicht klar definieren, haben Kapitalvertreter leichtes Spiel mit uns und bringen es dahin, dass wir uns gar für Mindesthungerlohn noch schämen, ihn anzunehmen. Jeder Cent mehr oder höherer Lohn schmälert den Profit, und das ist gegen des Kapitals Interesse, immer, zu jeder Zeit und unabhängig von hohem oder niedrigstem Niveau. Zum anderen sagen »Arbeitskosten« nichts aus zum Lebensniveau der Lohnarbeiter ohne Einbeziehung der Preise und Kaufkraft. Es geht nur darum, mit »Arbeitskosten« von mehr als 34 Euro je Stunde Eindruck zu machen. Im Vergleich mit anderen Ländern relativiert sich bereits sehr viel. Ebenso bei Betrachtung der Lohnstückkosten. »Arbeitskosten« ergeben sich aus Löhnen und Lohnnebenkosten, die nur vorenthaltener Lohn sind. »Arbeitskosten« haben überhaupt nichts direkt mit dem Lohn zu tun. Allein ein Rückgang der Arbeitsstunden lässt die »Arbeitskosten« steigen. Die Produktivität findet zudem keine Betrachtung dabei. Es geht einzig darum, das endlose Lied von den zu hohen Löhnen zu singen, die Lohnarbeiter zu disziplinieren.
Roland Winkler
Veröffentlicht in der jungen Welt am 27.07.2018.