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Leserbrief zum Artikel Seehofer will BAMF-Plan vorlegen vom 19.06.2018:

Zuviel verlangt

Im Zuge des BAMF-Skandals folgt jetzt der seehoferische Asylmasterplan. Die falsch ausgestellten Asylanträge haben sich mittlerweile auf 578 reduziert, und ob wirklich eine kriminelle Machenschaft oder Absprache dahintersteckt, ist mehr als fraglich und wird juristisch geklärt werden. Natürlich redet niemand von den 32.500 zu Unrecht abgelehnten Asylverfahren, da drücken sowohl christliche Unionspolitiker wie auch das von der CSU krampfhaft umworbene besorgte Wutbürgertum beide Augen zu. Auch dass im gleichen Zeitraum die Jobcenter 226.215 ALG-II-Bescheide, umgangssprachlich auch unter Hartz IV bekannt, zurücknehmen mussten und zusätzlich 46.395 Bescheide dann noch von Gerichten einkassiert wurden, reicht weder für große Aufregung noch zu einem Skandal oder ernsthaften Streit unter den Regierungsparteien. Es handelt sich ja »nur« um ALG-II-Bezieher, und mit etwas Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit fängt man die, die überhaupt noch zu Wahlen gehen, schon wieder ein. Naja, und dass gerade in Bayern die verstrickten und komplizierten Steuererklärungen von Großkonzernen und Vermögenden von den dortigen Finanzämtern wohlwollend nicht so genau geprüft werden sollen, ist ja mehr oder weniger ein offenes Geheimnis und regt das Bürgertum nicht auf. Würden wir ja alle so machen, wenn wir soviel hätten … Nur vor Hunger, Armut, Krieg und politischer Verfolgung fliehen, das anscheinend nicht. Zumindest hört da die Empathie und Nachvollziehbarkeit der Lage dieser Menschen beim deutschen bürgerlichen Durchschnittsmichel schnell auf. Komischerweise gerade auch bei denen, die selbst mal vertrieben worden sind oder nach ca. 200 Jahren den Weg zurück aus Russland fanden. Aber, ist vielleicht ja auch alles etwas zuviel verlangt, oder?
Markus Meister
Veröffentlicht in der jungen Welt am 03.07.2018.