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Leserbrief zum Artikel Aus Leserbriefen an die Redaktion vom 03.03.2018:

Realistisches Bild

(…) Ich habe selbst 1944/45 im Schlussgebet des Gottesdienstes vom Pfarrer die inständige Bitte vernommen, dass Gott dem Führer Stärke und Kraft verleihen möge. Das verbrecherische Zusammenwirken von Kirchenoberen mit den Faschisten ist heute gesicherte Kenntnis (…). Die DDR hat zwar die Kirchen konsequent vom Staat getrennt – noch nicht einmal so scharf wie in Frankreich, wo die Gebäude dem Staat gehören, es keine Steuern gibt und auch keinen Religionsunterricht in staatlichen Schulen –, aber beizeiten hat sie sie sogar gefördert. Die Herren sollten dazu einmal das »DDR-Handbuch« der BRD von 1975 lesen, in dem mehr als 80 Experten der BRD eine reale Einschätzung gegeben haben. Erinnert sei auch an das Wort von W. Ulbricht vom 4. Oktober 1960: »Das Christentum und die humanistischen Ziele des Sozialismus sind keine Gegensätze.«
Von den in der DDR vorhandenen 10.000 Kirchen und Kapellen waren durch die in den Westen geflüchteten Kriegsverbrecher und Massenmörder 3.098 schwer beschädigt oder zerstört worden, wovon bis 1988 1.690 Kirchen unter besonderer Beachtung ihrer kulturellen Bedeutung, darunter die St.Hedwigskathedrale in Berlin, wiederaufgebaut, weitere 20 in Neubaugebieten neu errichtet worden sind.
Für die Pfarrer gab es ca. elf Millionen Mark Zuschüsse pro Jahr, und alle Mitarbeiter von Kirchen waren sozial voll und ganz abgesichert (Rente, Krankheit usw.) wie jeder Bürger. Im kirchlichen Besitz befanden sich 76 Krankenhäuser, 380 Alters- und Pflegeheime, zahlreiche Kindertagesstätten und Erholungsheime, deren Mitarbeiter sämtlich nach den Löhnen und Gehältern der DDR entlohnt worden sind, die auch die Ausbildung aktiv sicherte, etwa 200.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen und 5.000 Hektar Wald. Kirchliches Eigentum unterlag nicht der Bodenreform und auch nicht der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft. Klöster arbeiteten aktiv weiter, wie das Kloster Marienstern, mit dem ich dienstliche Kontakte hatte. Etwa 30 Prozent der DDR-Bürger bekannten sich zu einer religiösen Glaubensrichtung.
Keiner der 80 BRD-Experten von 1975 hat auf den zehn Seiten eine kirchenfeindliche Politik der SED festgestellt, sondern im Gegenteil hat Kardinal Bengsch anerkannt, was dieser Staat »zum wirklichen Wohl des Menschen« getan hat. Es fällt auf, dass Herrn Vogel die massenhaften Kirchen- und Kulturzerstörungen, die »Kulturbarbarei« des kapitalistisch-faschistisch-religiösen Deutschen Reiches, an denen zig Millionen deutsche Christen aktiv beteiligt waren, europaweit nicht einfallen, an denen z. B. über 3.000 in den Westen geflohene Generale – meist ebenfalls religiös – mit höchster Aktivität und abgesegnet von den Kirchen beteiligt gewesen waren. Es fällt ihm auch nicht ein, dass die zutiefst christliche BRD die Kriege der USA in Vietnam, Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Jemen usw., die zu ungeheuren »Kulturbarbareien« führten und führen, voll unterstützt und nicht wenige Bomben dafür liefert. Antikommunismus macht eben auch sehr blind.
Gerhard Ulbrich
Veröffentlicht in der jungen Welt am 08.03.2018.
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