Leserbrief zum Artikel Palästina: Heldin des Widerstands
vom 05.01.2018:
Mutige Palästinenserin
Der Artikel von Gerrit Hoekman vermittelt mehr oder weniger subtil, dass Ahed Tamimi instrumentalisiert werden würde. Sie sei ein »Internetstar«, »Kinder, die sich gegen die Besatzungstruppen wehren, machen Quote«, »Ahed ist inzwischen ein Profi«, »Die Angriffe sind keineswegs spontan, sondern eine inszenierte Provokation«. Damit wird vermittelt, das sei doch alles irgendwie nicht ganz korrekt und vielleicht übertrieben. Den israelischen Soldaten bereite sie »Kopfschmerzen«, diese seien verdutzt und hätten Hemmungen, gegen Kinder vorzugehen. Es wird nicht richtig berichtet, was Ahed und ihre Familie und Freunde in den letzten Jahren erlitten haben. Der Vater wurde schwer gefoltert, die Mutter erlitt eine Schussverletzung. Ein vermummter Besatzungssoldat versuchte, ihren jüngeren Bruder zu erwürgen. Ihrem elfjährigen Cousin Mohammed wurde mit einer mit Gummi ummantelten Kugel ins Gesicht geschossen, er liegt nun im Koma. Wahrscheinlich hat dies Ahed an einen anderen Verwandten erinnert, Mustafa, der 2011 durch einen Schuss ins Gesicht ermordet wurde. Dies berichtet Dror Dayan in einem Artikel auf der Internetseite »Klasse gegen Klasse«, in dem er auch sehr gut kritisiert, wie palästinensischen Aktivisten der Instrumentalisierung bezichtigt werden: »In Deutschland wird den Palästinensern oft vorgeworfen, sie instrumentalisierten ihrer Kinder (...). Aus der Sicht einer Person, die eine geschützte und freie Kindheit in München oder Berlin genoss, kann es vielleicht auch so aussehen. Tatsache ist aber, dass palästinensische Kinder – genauso wie ihre Eltern – nur zwei Möglichkeiten haben: ihre Freiheit abzugeben oder Widerstand zu leisten.« Ahed Tamimi und ihre Familie sind sehr mutig und aufrichtig und haben volle Unterstützung verdient. (...)
Veröffentlicht in der jungen Welt am 06.01.2018.