Leserbrief zum Artikel Palästina: Heldin des Widerstands
vom 05.01.2018:
Rotzig und ohne Empathie
Mir passt der rotzige, flätzige, locker-poppig, irgendwie zynisch formulierte Artikel eines Gerrit Hoekman über das palästinensische Mädchen, das heldenhaft mit seiner Familie (Al-Tamimi) gegen den Raub ihres Landes durch israelische Siedlerkolonisten und als Opfer im Widerstand gegen die zionistische Annexion Tote, Verletzte und Verhaftete in der Verwandtschaft beklagen musste, absolut nicht: »Ahed ist inzwischen ein Profi. (…) Bei den Palästinensern ist sie populär, weil sie die israelischen Soldaten anbrüllt, schubst und tritt. (…) Am 19. Dezember (…) zum letzten Mal im Einsatz. (…) Kinder, die sich gegen die Besatzungsmacht wehren, machen Quote (…) usw. usf. Bei solchen Formulierungen bleibt mir die Spucke weg, als hätten hier ausschließlich medienwirksame Aktionen absolute Priorität. Hoekman wird sehr wohl bekannt sein, dass eine erhebliche Anzahl von Kindern im Widerstand von der israelischen Soldateska erschossen worden sind; ganz zu schweigen von den Bombardierungen in Palästinenser-Gebieten und im Gazastreifen. Vor ca. zehn Tagen ist ein beinamputierter, hilfloser Widerstandsaktivist im Rollstuhl auf offenem Feld als zehntes Opfer der aktuellen Intifada von einem israelischen Scharfschützen ermordet worden. Ahed Al-Tamimi wird wegen ihres Mutes, ihre Mutter wegen der Dokumentationen des Widerstands wahrscheinlich auf Jahre in israelischen Gefängnissen verschwinden: Einem Hoekman dürfte das wenig oder keine Sorgen bereiten oder ihn »jucken«. Oder wenn, dann erschließt es sich mir aus seinem »Artikel/Kommentar« jedenfalls nicht. (…)
Veröffentlicht in der jungen Welt am 05.01.2018.