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Leserbrief zum Artikel Mehrarbeit bringt ­Geringverdienern wenig vom 18.08.2017:

Lobbyorganisationen nachgebetet

Gestern hat die jW nicht zum ersten Mal völlig unkritisch eine dpa-Meldung über die neueste »Studie« der Bertelsmann-Stiftung übernommen (und trottete damit der Mehrheit der Medien hierzulande hinterher). Beauftragt hatte Bertelsmann das ZEW, auch dieses zitierte die jW unkritisch, ohne Hinweis auf dessen arbeitgebernahe bzw. arbeitnehmerfeindliche Positionen.
EZW wie Bertelsmann-Stiftung sind Thinktanks der Konzerne, untereinander verfilzt und Teil der neoliberalen Thinktank-Armada, zu der gehören u. a. auch das notorische IZA (Institut für die Zukunft der Arbeit, von Kritikern »Institut für die Zukunft der Ausbeutung« genannt) und das IFO-Institut des unermüdlichen Lohndumpingapologeten Hans-Werner Sinn, letzterer wie ZEW-Exchef Prof. W. Franz auch ein Adept des ZEW-Gründers Prof. König.
Bei der aktuellen Meldung, dass Mehrarbeit Geringverdienern wenig bringe, hätte die jW meiner Ansicht nach ruhig erwähnen sollen, dass die Hartz-IV-Idee der SPD-Grünen-Regierung von Bertelsmann auflobbyiert wurde: Bertelsmann hatte das Konzept dafür zusammen mit McKinsey erstellt. Ex-ZEW-Chef W. Franz hatte sich übrigens damit profiliert, Hartz IV mit Arbeitszwang zu kombinieren. Die jetzt publizierte Studie ist daher weniger als Sozialkritik zu bewerten denn als zynische »Erfolgsbilanz« bzw. Vertuschungskampagne eigener Verantwortung.
Generell empfehle ich der jW-Redaktion – bei aller Eile im Nachrichtengeschäft –, derartige Meldungen nicht ohne Quellencheck an die Leser weiterzureichen – oft reichen fünf Minuten online etwa bei Lobbypedia.
Hannes Sies
Veröffentlicht in der jungen Welt am 23.08.2017.