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29.12.2017, 20:00:01 / #jetztaberAbo
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Neue Herausforderungen

Die Tageszeitung junge Welt stellt sich veränderten Bedingungen
Von Dietmar Koschmieder
Rosa-Luxemburg-Konferenz 2017 in Berlin
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Seit vielen Jahren steckt die Tageszeitungsbranche in einer tiefen Krise: Verkaufte Auflagen sinken dramatisch: Immer weniger Zeitungen werden im Einzelhandel verkauft. Die Zahl der Printabonnements schrumpft. Die Verluste können nicht annähernd durch neue Onlineabos ausgeglichen werden. Zwei wesentliche Gründe werden für diese Entwicklung genannt, ein dritter gerne verschwiegen: Zum einen haben technische Entwicklungen veränderte Formen der Übermittlung von Informationen hervorgebracht. Zum anderen wurden dadurch Lesegewohnheiten verändert: Immer mehr Menschen informieren sich über Smartphone, Laptop oder andere Onlineendgeräte und weniger über Fernsehen, Radio und Zeitungen.

Es gibt aber einen dritten, ausschlaggebenden Grund: Das politische Personal des im Lande tatsächlich herrschenden Kapitals und die mit ihnen verbundenen Medien haben in den letzten Jahren massiv an Glaubwürdigkeit verloren. Eine wachsende Anzahl Menschen erkennt, dass der sogenannte Mainstreamjournalismus von einem Standpunkt aus berichtet und analysiert, der nicht der ihrige ist. Die meisten Medienhäuser können nicht unabhängig berichten lassen, weil sie nicht unabhängig sind: Profite werden vor allem über Anzeigen realisiert, also besteht eine Abhängigkeit von Anzeigenkunden. Ebenso haben Eigentümerfamilien klare Vorstellungen davon, welche Positionen ihre Medienprodukte einzunehmen haben – ob sie nun Springer in Deutschland oder Blocher in der Schweiz heißen – Zeitungskonzerne werden nicht nur gehalten, um Profite anzuhäufen. Um Gewinne bei steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen überhaupt noch realisieren zu können, drängt man einst gepflegte bürgerliche Ideale wie Aufklärung und Investigation als lästige Kostenfaktoren immer mehr zurück. Redaktionen werden ausgedünnt, zusammengelegt und anstelle von selbst recherchierten Beiträgen wird Material auf dem Markt eingekauft: von Agenturen und doppelt freien Journalisten, die weder festangestellt sind noch anständig bezahlt werden. Unter solchen Bedingungen fällt es Geheimdiensten und sonstigen Nachrichtenmanipulierern leicht, ihre Desinformation gerade in Printmedien zu platzieren. Zugleich wird so leichter erkennbar, in wessen Interesse sie agieren.

Mit der Unzufriedenheit vieler Menschen mit dem herkömmlichen Medienangebot wächst auch das Bedürfnis nach Alternativen. Das hat der Tageszeitung junge Welt in den letzten Jahren geholfen, entgegen allen Trends die verkaufte Auflage sowohl der gedruckten als auch der Onlineausgabe positiv zu entwickeln. Diese Entwicklung musste allerdings von den Machern und Lesern der Zeitung sehr hart erkämpft werden. Und mit mittlerweile rund 20.000 täglich verkauften Zeitungen bestimmt man natürlich keine Trends. Die sehen, wie beschrieben, anders aus. Der Verfall von Auflagen und Infrastruktur führt mit anwachsender Dynamik zu erhöhten Kosten für Herstellung, Transport und Zustellung dieser Zeitung. Die junge Welt muss also auch im kommenden Jahr alle Kräfte darauf konzentrieren, einerseits Einzelverkäufe und Abobestände zu erhöhen und andererseits das Produkt junge Welt vor allem im Onlinebereich weiterzuentwickeln.

Dafür benötigen wir neue Ideen und Wege. Denn mittlerweile haben rechte Demagogen erkannt, dass sie ihre neoliberalen Angebote einfach nur als Alternativen zum »herrschenden System« oder zur »Lügenpresse« verkaufen müssen, um Erfolg zu haben. Dabei stellen sie kapitalistische Eigentumsverhältnisse keineswegs in Frage und lügen dazu wesentlich ungehemmter als viele Mainstreammedien. Wenn die junge Welt mit ihrem Spruch »Sie lügen wie gedruckt – wir drucken wie sie lügen« weiter aufklären will, muss sie diesen Gedanken deshalb viel stärker als bisher auch auf genau diese Kreise beziehen.

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Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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