Gegründet 1947 Sa. / So., 20. / 21. April 2024, Nr. 93
Die junge Welt wird von 2767 GenossInnen herausgegeben
16.02.2012, 05:39:03 / Buchmesse Havanna 2012

Obama, give me five

Von Jörn Boewe
frei_betto15feb2012.JPG
Frei Betto

Seit 1998 sitzen fünf kubanische Staatsbürger im US-amerikanischen Strafvollzug. Unter dem Vorwurf der Spionage wurden sie vor einem Schwurgericht in Miami zu ungewöhnlich hohen Freiheitstrafen verurteilt. Reaktionäre exilkubanische Gruppen sorgten während des Prozesses für eine aufgeheizte Atmosphäre.

Tatsächlich ging es dabei aber um "Spionage" einer etwas anderen Art. Mitte der 90er Jahre führten terroristische Gruppen der exilkubanischen Rechten mehrere Bombenanschläge auf touristische Einrichtungen in Kuba durch. Das Ziel: ein Klima der Angst zu erzeugen und in der Weltöffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, Kuba sei kein sicherer Ort für Urlauber.

Letztlich ging es darum, die sozialistische Inselrepublik von einer Deviseneinnahmequelle abzuschneiden, die langsam zu sprudeln begann. Dafür waren die kubanischen Contras bereit, über Leichen zu gehen.

Die fünf Agenten unterwanderten im Auftrag der kubanischen Regierung die terroristischen Organisationen, sammelten Beweismaterial und übergaben dieses ans FBI. Dieses stellte aufgrund dieser Informationen Attentatspläne und Sprengstoff sicher. Gleichzeitig wurden die fünf Kubaner festgenommen und wegen Spionage gegen die USA vor Gericht gestellt und von einer eingeschüchterten Jury in Miami verurteilt.

In Berufungsverfahren wurden die Urteile bislang im Wesentlichen bestätigt. Weitere juristische Schritte sind nur noch in sehr begrenztem Umfang möglich. Umso größere Bedeutung gewinnt die Arbeit für eine politische Lösung. "Obama - give me five" ist der Slogan einer Kampagne, mit der die kubanische Regierung die internationale und insbesondere die US-amerikanische öffentliche Meinung dafür gewinnen will, Druck auf den US-Präsidenten auszuüben, eine humanitäre Lösung herbeizuführen und die fünf wieder zu ihren Familien nach Kuba zu lassen.

Und diese Kampagne gewinnt an Fahrt. Es ist beeindruckend, zu sehen, daß die Republik Kuba die "Miami-Five" nicht im Stich läßt. Nicht nur die Regierung, nicht nur die Familien - Künstler, Intellektuelle und einfache Leute machen sich stark für die Freilassung der fünf. Am Mittwoch beteiligten sich mehrere hundert Intellektuelle, größtenteils Hohschullehrer und Akademiker, im Rahmen einer internationalen bildungspolitischen Konferenz in Havanna an einer Diskussion, auf der die Planung der Kampagne besprochen wurde. Und die ist, wenngleich es sich unverkennbar um eine Angelegenheit handelt, die bei vielen Kubanern, nicht nur den Familienangehörigen, starke Emotionen auslöst, hochgradig professionell organisiert.

Ein Beispiel von vielen ist ein youtube-Videoclip mit dem US-amerikanischen Schauspieler Danny Glover, in dem es diesem gelingt, Leuten, die noh nie etwas vom Fall der fünf gehört haben, den Kern der Sache in einer virtuellen zweiminütigen Pressekonferenz zu erklären. Mit auf dem Podium saß auch der brasilianische Befreiungstheologe Frei Betto.

Er verwies auf ein Buch seines Landsmannes, des Schriftstellers Fernando Morais: "Die letzten fünf Soldaten des kalten Krieges". Die Resonanz auf dieses Werk, ds bislang nur auf portugiesisch vorliegt, sei in Brasilien enorm gewesen, und zwar weit über die Linke und die Kuba freundlich gesonnen Kreise hinaus. Selbst Anhänger der konservativen Rechten hätten das Buch beeindruckt aufgenommen, und seien entsetzt gewesen über das einer breiteren Öffentlichkeit unbekannte Ausmaß und die Perfidie des konterrevolutionären Terrorismus. "Morais Buch ist einfach auch ein hervorrragend geschriebener Roman", fügte der kubanische Publizist Enrique Ubieta hinzu. Der Kampf, die öffentliche Meinung in den USA und international für die Sache der fünf politischen Gefangenen zu gewinnen, sei letztlich Teil eines umfassenden Kampfes um die kulturelle Hegemonie zwischen Imperialismus und Sozialismus.

www.thecuban5.org

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.