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05.07.2017, 01:53:21 / No G20

Schlafen gegen Schlafentzug

Von John Lütten
Frieden den Zelten – Krieg den Palästen

Mit einem »Sleep-In« haben Aktivisten des G-20-Camps im Altonaer Volkspark am Dienstag gegen das Verbot von Übernachtungen protestiert. Bei einer eigens auf dem Gelände angemeldeten Kundgebung, an der sich u.a. der Fernsehkoch Ole Plogstedt beteiligte, wurden seit 16 Uhr etwa zwei Dutzend Zelte aufgeschlagen, in die sich Aktivisten demonstrativ schlafen legten.

Kaum war das geschehen, rückte schon die Polizei an: Die Versammlungsbehörde hatte nur zwei Zelte für die Aktion genehmigt. Dagegen hatten die Protestcamper aber einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht, das der Behörde aufgegeben hatte, ihre Auflagen für die bis Sonntag abend angemeldete Aktion zu prüfen. Gegen 18.30 Uhr gab es dann Neuigkeiten: Zehn Zelte dürfen es nun sein. Auch dagegen setzen sich die Aktivisten jedoch mittels Eilantrag zur Wehr – sie wollen mehr Zelte aufbauen dürfen. Nun liegt der Ball wieder beim Verwaltungsgericht.

Die etwa 25 Zelte bleiben so lange stehen. Mehr werden dürfen es derzeit allerdings nicht, und tatsächlich schlafen darf darin auch niemand – darüber wachen die Uniformierte, die hier fast rund um die Uhr Präsenz zeigen.

Das bekommen die Camp-Besucher deutlich zu spüren: »Die Polizei hat meine Unterwäsche geklaut!«, gab Camp-Besucherin Mina gegenüber junge Welt in einer Mischung aus Empörung und Belustigung zu Protokoll. Sie sei gerade aus erst angekommen, und direkt beim Betreten des Geländes habe die Polizei ihren Koffer beschlagnahmt. Begründung: Nur wer zum Übernachten komme, brauche auch Wechselklamotten. Wann und wo Mina ihre Sachen wieder abholen kann, weiß sie nicht. Andere Camp-Besucher berichteten von nächtlichen Patrouillen, auch den Transport von Essen soll die Polizei schon behindert haben.

Der Pressesprecher des Camps, Georg Ismael, zeigte sich trotzdem recht zufrieden: Der »Sleep-In« und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts seien ein kleiner Schritt nach vorn, befand er im Gespräch mit jW. Dennoch: »Wir müssen hier mühsam Rechte und Dinge einfordern, die uns sowieso zustehen!« Die Stimmung im Camp sei aber gut: Zwischen 200 und 300 Aktivisten seien mittlerweile zugegen, Tendenz steigend, und die Infrastruktur stehe zu großen Teilen. »Und vor allem ist wichtig, dass man neben den ganzen Reibereien um die Camps nicht das politische Anliegen aus den Augen verliert«, machte Ismael klar. »Wir sind schließlich hier, um Widerstand gegen die Politik der Herrschenden zu organisieren.«

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