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23.06.2011, 17:47:58 / Free Gaza

Hilferuf aus Gaza

Von Rüdiger Göbel
Krankenhaus
Patienten in der Dialysestation des Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt (8. Juni 2011)

Krankenhäuser und Ärzte können wegen Blockade nicht einmal mehr Minimalversorgung für 1,5 Millionen Palästinenser gewährleisten. Grenzöffnung in Rafah eine Farce
Während hierzulande der Streit tobt, ob Linke an einer neuerlichen Solidaritätsflotte für Gaza teilnehmen dürfen, kommt aus den von Israel kontrollierten palästinensischen Gebieten ein eindringlicher Hilferuf.
In den Krankenhäusern, Gesundheitszentren und Arztpraxen des Gazastreifens ist mittlerweile die Minimalversorgung der Patienten kaum noch zu schaffen, meldete die Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) am Dienstag. Es fehle an Medikamenten, Geräten und anderen unentbehrlichen Hilfsmitteln. Gazas stellvertretender Gesundheitsminister Hassan Khalaf erklärte demnach, »wir haben hier eine schwere Versorgungskrise, die außer Kontrolle geraten könnte. Viele Gesundheitsdienste sind nicht mehr verfügbar.«

Konkret sollen Schmerz-, Betäubungs- und Dialysemittel, Antibiotika, Medikamente für Epilepsie- und Krebskranke, Säuglingsnahrung und sogar Gummihandschuhe fehlen. Betroffen sind 1,5 Millionen Palästinenser, die in dem von Israel abgeriegelten Landstreifen am Mittelmeer leben. Eine dieser Tage startende Solidaritätsflotte versucht, die israelische Seeblockade zu durchbrechen, und Hilfsgüter nach Gaza zu bringen.

Beim Krieg vor zwei Jahren, während der israelischen »Operation Gegossenes Blei« 2008/2009, wurden jedes zweite Krankenhaus sowie 44 kleine Kliniken und das medizinische Vorratslager des palästinensischen Roten Halbmonds zerstört. Nach Angaben von Khalaf bombardierte die israelische Armee im Februar in Jabliaya eine Lagerhalle mit Medikamenten. Dem stellvertretenden Gesundheitsminister zufolge müssen Hunderte Patienten, selbst Kleinkinder, auf dringende Operationen warten. In der britischen Medizinfachzeitung The Lancet berichten norwegische Ärzte von den Zuständen in Gazas größtem Krankenhaus, das sie im Februar 2011 besucht hatten. »Nach Auskunft von Onkologen konnten 100 von 260 Krebskranken nicht die benötige Medikamentenkombination erhalten.«

So wenig wie dringend benötigte Hilfe in den Gazastreifen kommt, so wenig dürfen Palästinenser das Gebiet verlassen. Die Wiedereröffnung des wichtigsten Grenzübergangs nach Ägypten vor vier Wochen brachte den Einwohnern in Gaza bisher nicht viel, wie die Nachrichtenagentur dapd berichtet. »200000 Menschen stehen auf der Warteliste, und allmählich wächst die Verzweiflung (…). Noch immer müssen die Einwohner um eine Reisegenehmigung nachsuchen; Termine für den Grenzübertritt gibt es frühestens für Ende August. Tag für Tag versammeln sich Ausreisewillige am Übergang Rafah. Sie halten Arztberichte, ausländische Aufenthaltsgenehmigungen und Aufnahmebestätigungen von Universitäten griffbereit in der Hoffnung, die Grenzer zu überreden, sie durchzulassen«, meldete die Agentur am Dienstag. »Wie es scheint, hat sich nichts geändert, und wir sind immer noch eingesperrt in diesem großen Gefängnis«, sagt einer der Wartenden.

Wohl mit Blick auf die bevorstehende Freedom-Flottille und die damit verbundene Negativpresse für Israel hat das dortige Militär am Dienstag dem Bau neuer Häuser und Schulen im belagerten Gazastreifen zugestimmt. Behördenangaben zufolge sind 1200 Häuser und 18 Schulen genehmigt worden. »Es wäre die größte Initiative zum Hausbau seit Jahren«, urteilt dapd. Zur Erinnerung: Durch das israelische Bombardement 2008/2009 wurden mindestens 22000 private und öffentliche Gebäude beschädigt oder zerstört. Das entsprach seinerzeit 14 Prozent aller Gebäude im Gazastreifen.

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