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16.04.2013, 16:45:23 / Entscheidung in Venezuela

Stimmungsmache gegen Maduro

Die Vorsitzende des nationalen Wahlrates inVenezuela, Tibisay Lucena, hat am Montag nachmittag (Ortszeit) den Kandidaten der Sozialistischen Partei (PSUV), Nicolás Maduro offziell zum Sieger der Wahlen erklärt.

Demnach hat er 7563747 Stimmen und damit 50,75 Prozent der Stimmen erhalten. Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski kam auf 7296876 Stimmen (48,98 Prozent). Die FAZ kommentierte in ihrer Dienstagausgabe auf der Titelseite das Ergebnis aus Caracas mit der Feststellung: »Der Wahlsieger, der williger Vollstrecker jeder auch noch so absurden Idee seines Mentors Chávez war, tritt sein Amt als Verlierer an.« Und in ihrem Onlineportal: »Nach dem überraschenden Ausgang der ersten Wahl ohne Chávez vermag man sich kaum vorzustellen, daß Maduro die fast sechs Jahre, die ihm im Präsidentenamt zustehen, durchhalten wird. Die Opposition mit ihrem Spitzenkandidaten Henrique Capriles wittert Morgenluft.«

Die taz in Berlin merkte unter der Schlagzeile »Der falsche Kandidat« ähnlich an: »Nicolás Maduro war der falsche Kandidat. Trotz des riesigen chavistischen Propagandaapparates, bei dem Staatliches und Parteiliches hemmungslos vermischt und eingesetzt wird, holte er nur 1,57 Prozent mehr als sein Kontrahent. Für Maduro ist die Schonfrist denn auch schon vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hat. Das Amt übernimmt er angeschlagen.« Und weiter: »Das einzige Pfund Maduros ist seine Sozialisierung als Sozialist. Daß ihn Chávez zu Lebzeiten als Nachfolger vorgeschlagen hatte, wird dem Einfluß von Kubas Präsident Raúl Castro zugeschrieben. (…) Der kubanischen Führung gilt er schlicht als der verläßlichste Garant in der chavistischen Führungsriege für die lebensnotwendigen Öllieferungen. Der ohnehin schon große Einfluß Kubas in Venezuela wird weiter wachsen. (…) Daß die Opposition das Ergebnis der Auszählung nicht anerkennt und auf eine Neuauszählung pocht, ist ihr verbrieftes Recht. Maduro wird sie damit nicht aus dem Amt kegeln. Die, die das tun werden, haben sich noch nicht öffentlich gezeigt.«

Die Süddeutsche Zeitung schrieb zum Wahlausgang: »Der denkbar knappe Vorsprung von Chávez' schwachem Nachfolger Nicolás Maduro ist dem Wahlverlierer Henrique Capriles und dessen Anhängern verdächtig. Die Wahlbehörde täte gut daran, mit einer neuen Auszählung schnell für Klarheit zu sorgen. Erschöpft ist der Chavismus so oder so. Die Wirtschaft ist zu abhängig vom Ölpreis, und der Einfluß der Armee und Kubas geht selbst manchen Sympathisanten zu weit. Der Caudillo Chávez ist tot. Maduro wird sich schwer tun, das Erbe nur mit Parolen und Heiligenverehrung zu verteidigen. Wenn er so weitermacht, dann erledigt sich die chavistische Herrschaft spätestens bei der nächsten Wahl.«

Die Frankfurter Rundschau freute sich: »Nun muß also Maduro die Suppe auslöffeln, die Chávez eingebrockt hat. Das ist gut so. Auch für die Opposition, die bisher nur die Gegnerschaft zu Chávez geeint hat, und für Capriles, der erst 40 Jahre alt ist. In sechs Jahren, wenn der ›Sozialismus des 21. Jahrhunderts‹ endgültig entzaubert sein wird, hat er gute Chancen, Präsident eines ernüchterten Venezuela zu werden.«

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