Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Gegründet 1947 Donnerstag, 28. März 2024, Nr. 75
Die junge Welt wird von 2767 GenossInnen herausgegeben
Jetzt zwei Wochen gratis testen. Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Jetzt zwei Wochen gratis testen.
08.11.2010, 15:50:41 / Castorproteste 2010

Anwältin: Organisierter Rechtsbruch der Polizei

Dannenberg. Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg hat der Polizei rechtswidriges Verhalten bei der nächtlichen Ingewahrsamnahme von Hunderten von Blockierern an der Bahnstrecke bei Hitzacker vorgeworfen. Während die Polizei mit Vertretern von Kirche, BI und Schienenblockierern Vermittlungsgespräche geführt habe, sei gleichzeitig in der Nacht zum Sonntag bei Harlingen unter freiem Himmel eine Gefangenensammelstelle eingerichtet worden, bemängelte BI-Sprecher  Wolfgang Ehmke. »Dort sind friedliche Sitzblockierer bei Minustemperaturen ohne Schutz vor der Kälte und ohne die vorgeschriebene Einschaltung eines Richters stundenlang festgehalten worden«, sagte er.

An den Vermittlungsgesprächen mit den Schienenblockierern hätten sich der evangelische Landessuperintendent Hans-Hermann Jantzen aus Lüneburg und die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms beteiligt, berichtete Ehmke. Die Gespräche hätten dazu geführt, daß die Polizei bei der Räumung von mehreren tausend Gleisblockierern auf den Einsatz von Pfefferspray, Reizgas oder Schlagstöcken verzichtet habe.

Durch den Aufbau der Gefangenensammelstelle während der Vermittlungsgespräche fühle sich die BI jedoch getäuscht. Die Polizei hatte am Sonntag bei der Räumung der Schienen von sogenannten »Schotterern«, die Steine aus dem Gleisbett entfernten, massiv zu Zwangsmitteln gegriffen.

Die Rechtshilfe Gorleben gab die Zahl der Schienenblockierer, die bis Montagmorgen bei Harlingen unter freien Himmel ausharren mußten, mit 1 500 an. Die Einsatzleitung der Polizei erklärte demgegenüber, man habe mehrere hundert Gleisblockierer in Gewahrsam genommen.

Die Hamburger Rechtsanwältin Ulrike Donat kündigte Strafanzeige gegen die Einsatzleitung der Polizei wegen Freiheitsberaubung im Amt an. Das Bundesverfassungsgericht habe 2005 mit Blick auf die Proteste in der Region Gorleben entschieden, daß die Polizei bei vorbereiteten Ingewahrsamnahmen stets einen Haftrichter einschalten müsse, sagte Donat.

Am späten Sonntagabend habe die Polizei lediglich ihre Gefangenensammelstelle von Lüchow nach Harlingen unter freien Himmel verlegt, sagte die Anwältin. Auf eine Einschaltung der in Lüchow auch im Nachtdienst präsenten Haftrichter habe man jedoch verzichtet. Viele in Gewahrsam genommene Blockierer hätten der Polizei ihre Personalien angegeben und vergeblich um eine Vorführung bei einem Richter gebeten. Diesen »organisierten Rechtsbruch« der Polizei-Verantwortlichen werde man nicht hinnehmen, sagte Donat.
(dapd/jW)

Aktionspreis: Ein Monat für Sechs Euro

Schließen Sie jetzt das Onlineaktionsabo der Tageszeitung junge Welt zum unschlagbaren Preis von 6 Euro für einen Monat ab! Erhalten Sie die Onlineausgabe schon am Abend vorher auf jungewelt.de, als Fließtext oder als App.