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14.03.2018, 12:35:14 / #wsf2018

Drei Gesichter aus Salvador

Roseni de Ozneira hält in Salvador die Fahne der Gewerkschaft der Arbeitenden an der Uni von Rio de Janeiro, Sintufr, hoch. Die Militärintervention dort sieht sie als einen Akt verschärfter Repression gegen die Armen und als politischen Racheakt von Temer und Konsorten
Der Kazike Ramon gehört dem indigenen Volk der Tupimamba an. Aus Ilheus im südlichen Bahia ist er in die erste Hauptstadt Brasiliens gekommen, um für die Rechte der eigentlichen Ureinwohner hier zu streiten: »Ich möchte sichtbar machen, dass es uns gibt und dass wir weiter Widerstand leisten.«
Extra aus Zürich nach Salvador gekommen ist die in der Schweiz lebende Brasilianerin Thais Aguiar Zeller. Sie ist im Coletivo Taoca (taoca.info) aktiv, das Filme von politischen Künstlern, sozialen und Menschenrechtsgruppen aus ihrem Land auch in Europa bekanntmacht

Schon eine Reise von Stadt zu Stadt kann in Brasilien der Durchquerung eines Kontinents gleichkommen. Von überall her sind sie in die Hauptstadt von Bahia gekommen. Einzeln und in Gruppen, mit dem Bus, dem Flugzeug oder als Mitreisende im Auto. Nicht wenige haben so mehr als tausend Kilometer zurückgelegt, um beim Festival des globalen Widerstands dabeisein zu können.

Der Dienstag ist für sie alle ein Festtag. Mit einer großen Demonstration durch die Stadt wird das Weltsozialforum eröffnet. Ein paar tausend sammeln sich bereits zur angekündigten Stunde um drei Uhr am Nachmittag auf dem Largo do Campo Grande mit seinen Parkanlagen. Transparente werden ausgelegt, Gruppen posieren mit ihren Fahnen und Losungen für Fotos. Eine Trommelgruppe trommelt, an der nächsten Ecke gibt es Capoeira zu sehen.

Viele tragen um den Hals ihre Teilnehmerkarte für das »Forum Social Mundial«. Ein junger Mann spricht mich mit – genauer geht es nicht – süddeutschem Akzent an. Er lebt mit seiner brasilianischen Freundin im schönen Recife. Im Internet liest er, was die junge Welt über Brasilien berichtet. Daumen hoch. Frauenrechtlerinnen schmücken sich mit lila Bändern, viele Fahnen mit Hammer und Sichel der kommunistischen Partei PCdoB sind zu sehen. Ihr Sprecher im Lautiwagen legt schon mal los: Auf zum Kampf, weg mit Temer! Weitaus mehr Menschen werden pünktlich dazustoßen, als sich der Marsch zwei Stunden später in Bewegung setzt.

Inmitten des lautstarken Zugs mit Tänzen und Gesängen sind etliche Verteiler unterwegs. Unter anderem erhalte ich eine marxistisch-leninistische Zeitung plus Umarmung, Einladungen zu diversen Veranstaltungen auf dem WSF, ein A6-Flugblatt, das Lulas Auftritt am 15. März im Pituaçu-Stadion ankündigt, und ein weiteres für eine Veranstaltung der Partei Freiheit und Sozialismus (PSoL) mit deren Präsidentschaftskandidaten Guilherme Boulos und Sónia Guajajara. Ein kleingewachsener alter Arbeiter mit tiefen Falten im schwarzen Gesicht verteilt Zettel mit Appellen des Gewerkschaftsbundes CUT. Viel reden möchte er nicht. Aber er weiß, warum er hier ist: »Weil ich gegen diesen Temer bin.« Nur wenig gesprächiger ist einer der Militärpolizisten, die hier und da am Rande des Zuges stehen und sich an ihren Knüppeln festhalten. Ja, das hier sei alles ganz friedlich. Kein Vandalismus wie sonst manchmal in dieser Stadt, betont er. Ja, es geht ausgesprochen fröhlich und herzlich auf diesem Marsch zu. Woher kommst du? Und selbst? Die Fotos zeigen drei der Aktivisten, mit denen ich gestern sprach.

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Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

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