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05.03.2018, 10:24:20 / #wsf2018

Exportmodell Bioökonomie – Top oder Flop?

Von Uta Grunert (Kobra)
Auf den Export orientiert: Das große Agrobusiness ist nicht nur in Brasilien auf dem Vormarsch

»Agro é tech, é pop, é tudo« (Landwirtschaft ist Technologie, ist Pop, Landwirtschaft ist alles), hat der Fernsehsender Globo in einem Werbespot getönt. Die Agrarexportbilanzen Brasiliens scheinen dieses Loblied zu bestätigen. 2017 war der Agrarsektor für 44,1 Prozent der gesamten brasilianischen Exporte verantwortlich. Umgerechnet 96 Milliarden US-Dollar wurden umgesetzt, wobei allein fast 60 Milliarden in drei Sektoren erwirtschaftet wurden: Soja, Fleisch und Zucker (einschließlich Ethanol).

Ein brasilianisches Erfolgsmodell, das man womöglich in die Welt tragen könnte? Es lohnt, genauer hinzuschauen. Ist Brasiliens Agrobusiness wirklich ein Vorbild für eine »Bioökonomie«? Welchen Standards und Paradigmen folgt dieses Entwicklungsmodell? Ist es »grün« oder gar »bio«, was in Europa ja häufig mit »gesund« assoziiert wird?

Vieles in Brasilien ist auf eine Hochleistungsagrarproduktion ausgelegt. Die Landkonzentration der Flächeneinheiten, auf denen produziert wird, die Menge an Agrargiften, die zum Einsatz kommt (Brasilien ist hier Weltmeister), Arbeitsrechte in der Landwirtschaft, die mit Sklaverei verglichen werden können. Und schließlich die Macht der Politiker der sogenannten Bancada ruralista, der Agrarlobby im Parlament. Nicht zuletzt hat das südamerikanische Land mit Blairo Maggi derzeit einen Landwirtschaftsminister, der gleichzeitig Brasiliens »Sojakönig« ist.

Höher, schneller, weiter – oder in den Kategorien der Agrarindustrie: Mehr Produktion, perfektere Ware und höhere Erträge durch mehr Gentechnik ergeben steigende Exportgewinne. Dass das nur die eine Seite der Medaille sein kann, ist klar.

Auf der anderen Seite stehen die Kämpfe für Nahrungsmittelsouveränität, für gentechnikfreies Essen, für sauberes Wasser und gesunde Böden. Für kleinbäuerliche Landwirtschaft im lokalen Kontext. Für einen nachhaltigen Umgang mit Natur und Mensch. Es geht um den Export von sogenannten Biokraftstoffen, die in Europa einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen. Aber auch um die Einsicht, dass Natur nicht rücksichtslos zur Ware degradiert und zu Markte getragen werden darf. Und dass im Zeitalter der Globalisierung längst Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa durch ihren Konsum die Bedingungen im Süden mit verantworten.

In einem Workshop von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Brot für die Welt, dem Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) sowie dem Netzwerk »Kooperation Brasilien e. V.« (Kobra) wird auf dem Weltsozialforum darüber diskutiert, welche neuen Entwicklungen sich in Sachen Bioökonomie abzeichnen. Mit dabei sind Camila Moreno von der Universität von Rio de Janeiro (UFRRJ), Naiara Bittencourt (Landrechte-NGO Terra de Direitos), Thomas Fatheuer (FDCL/Kobra) und Stig Tanzmann (Brot für die Welt).

Das Forum findet am Dienstag, 15.3.2018, von 11 bis 12.45 Uhr statt.

Wer es nicht bis nach Salvador schafft und sich trotzdem für die Materie interessiert, kann entweder an der Kobra-Frühjahrstagung in Köln (17.–19.4.) zum Thema »Wahlen, Wut und Widerstand … und die neue Macht des Agrobusiness« teilnehmen oder das aktuelle Brasilicum bei Kobra bestellen, das im März, inhaltlich passend, zur Tagung erscheint.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren. Denn nicht allen lernen die junge Welt kennen, da durch die Beobachtung die Werbung eingeschränkt wird.

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