Und am Ende gewinnen die Ösis
Von Gabriel Kuhn
Am vorigen Wochenende fand in Winterleiten in der Steiermark der Weltcupauftakt im Alpin-Rodeln statt. Bis vor wenigen Monaten hieß der Sport noch Naturbahnrodeln, doch der Internationale Rodelverband FIL setzte dem beim diesjährigen Kongress im finnischen Tampere ein Ende. Der Grund für die Namensänderung, die mit neuem Logo einherging: Ein modernes Image bringt bessere Vermarktungsmöglichkeiten.
Bis Anfang der 1960er Jahre wurde im Rodelsport nicht zwischen Kunstbahn und Naturbahn unterschieden. Doch als er 1964 olympisch wurde, wurde alles anders. Weil sich die Rodler bei Olympia mit den Bobfahrern den Eiskanal teilten, wurde dieser nun auch für den Rodelsport richtungsweisend. Rennen auf Naturbahnen wurden quasi zum Wettkampf zweiter Klasse. Ungerecht, gleich aus mehreren Gründen.
Zunächst sind Rodelrennen auf der Naturbahn volksnäher, denn dort können alle runterrodeln, ohne Kopf und Kragen zu riskieren. Außerdem sind sie spektakulärer. Im Prinzip kann jede abgesperrte und gesicherte verschneite Bergstraße zu einer Bahn werden. Wettkampfbahnen müssen eine Breite von drei Metern haben, die für den Eiskanal so charakteristischen Überhöhungen der Kurven sind nicht erlaubt. Das lässt unterschiedliche Linien zu, ein spektakuläres Driften durch die Kurven und mehr Spielraum für taktische Manöver. Die Bahnen sind etwa 1.000 Meter lang, die Fahrzeit liegt bei gut einer Minute, und die Zeitabstände sind in der Regel deutlich größer als auf den Kunstbahnen. Man spricht nicht von ungefähr vom »Rallysport auf Eis«.
Die FIL bemüht sich seit Jahrzehnten, auch das Alpin-Rodeln olympisch zu machen, doch bislang ohne Erfolg. Dem Internationalen Olympischen Komitee machen die Kunstbahnrodler genug Sorgen. Es sind stets die gleichen Nationen, die sich die Medaillen abholen, allen voran Deutschland, und die Leistungsdichte ist gering. Das ist beim Alpin-Rodeln nicht anders, außer dass das deutsche Team hier wenig zu melden hat. Abgeräumt wird bei den zweijährlich stattfindenden Europa- und Weltmeisterschaften sowie im Weltcup in der Regel von Österreich und Italien (sprich: Südtirol). Mehr als 95 Prozent aller Titel teilen die beiden Länder unter sich auf. Ernstzunehmende Konkurrenz kam ab den 1990er Jahren nur aus Russland. In der Hafenstadt Kandalakscha in der Oblast Murmansk wuchs ein starkes Team heran, aus dem Ljubow Panjutina 1990 die erste WM-Medaille gewann, damals noch für die Sowjetunion. Von 2000 bis 2015 dominierte Jekaterina Lawrentjewa die Wettbewerbe der Damen. Die WM gewann sie viermal, die EM sechsmal und den Gesamtweltcup zwölfmal, von 2006 bis 2015 ohne Unterbrechung.
Bei den diesjährigen Weltcup-Rennen in Winterleiten waren freilich keine russischen Athleten am Start. Die FIL ist beim Ausschluss russischer Sportler besonders rigoros, auch unter neutraler Flagge wollte der Verband sie nicht antreten lassen, bis er vom Internationalen Sportgerichtshof CAS dazu gezwungen wurde. Doch es obliegt immer noch den Verbandsfunktionären zu bestimmen, was als Neutralität durchgeht und was nicht. Erst vor wenigen Tagen wurden russische Athleten vom Weltcup der Kunstbahnrodler in Lake Placid nach Hause geschickt, weil sie die Kriterien der FIL nicht erfüllten. Alpin-Rodler meldeten sich für den Weltcup erst gar nicht an. Das finanzielle Risiko ist in einer Randsportart wie dieser zu groß.
In Abwesenheit des russischen Teams traten in Winterleiten 41 Athleten aus zwölf Ländern an. Dank einer Förderung durch die FIL auch der 18jährige Neuseeländer Louie Coburn und ein ähnlich junges Team aus den USA. Sie dürfen den Weltcupwinter in den Alpen verbringen. Alle Wettbewerbe im Alpin-Rodeln finden in Österreich und Südtirol statt; Saisonhöhepunkt sind die Europameisterschaften in Laas (Südtirol) Ende Januar.
Die deutschen Zentren des Alpin-Rodelns finden sich – wenig überraschend – in Oberbayern. Sämtliche deutschen Teilnehmer an den Rennen in Winterleiten gehören dem RC Rottach-Egern oder dem WSV Unterammergau an. Einige sind sehr jung, Ruby Carla Holland-Moritz und Magdalena Enig (beide WSV Unterammergau) gerade einmal 15 Jahre. Sie landeten, wie die meisten ihrer Teamkollegen, im Mittelfeld. Der Ausreißer nach oben war die Leistung der 24jährigen ehemaligen Juniorenweltmeisterin Lisa Walch (RC Rottach-Egern), die in den beiden in Winterleiten ausgetragenen Wettkämpfen als jeweils Vierte am Podest kratzte. Am Sonntag fehlten nur drei Hundertstelsekunden auf Platz drei.
Die Sieger in den jeweils zwei Einzelrennen bei Herren und Damen sowie im geschlechtsneutralen Doppelsitzer? Alle aus Österreich und Italien. Immerhin unter neuem Logo.
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