Mehr als nur DGB
Von Marc BebenrothZahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen füllen bundesweit die Straßen und Plätze am diesjährigen Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse. Bereits die ersten verbreiteten Aufnahmen von anlaufenden Protestzügen zeigen: Die Mitgliedsgewerkschaften des DGB sind nicht allein. Vielerorts haben sich unabhängig vom Gewerkschaftsapparat Blöcke gebildet, die ihre sozialistische, ihre revolutionäre Antwort auf Kriegsvorbereitungen und Klassenkampf von oben formulieren.
Die zentrale Kundgebung des SPD-nahen Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) findet in Chemnitz statt. Im kämpferischen Ton erklärte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi (SPD) dort am Vormittag, dass die Werktätigen in Deutschland »nicht Ursache der Wirtschaftsschwäche« seien. »Und wir werden dafür sorgen, dass sie nicht die Leidtragenden werden«, versprach sie und forderte: »Wir wollen Achtstundentag statt Hamsterrad!« Vor dem Hintergrund der von Union und SPD angekündigten Deregulierungen für Unternehmen rief Fahimi die »Arbeitgeber« dazu auf, »endlich euren Job« zu machen und für sichere Jobs, gute und faire Löhne und Arbeitsbedingungen zu sorgen. Immerhin: Derzeit finde ein Verteilungskampf zwischen den Bossen und den Beschäftigten statt, Fahimi sprach von »Lohnklau«.
Die Beschäftigten im Einzelhandel nahm der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke auf der DGB-Bühne im bayerischen Ingolstadt in den Fokus. Er warnte unter anderem vor einem neuen Gesetz der CSU-geführten Staatsregierung, welches die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel verschlechtern werde. »Gemeinsam sagen wir: Hände weg vom freien Sonntag!« rief Werneke den Anwesenden und allen Beschäftigten in dem Sektor zu. Wie auch Fahimi begrüßte der Verdi-Chef die Grundgesetzänderung zur Schaffung neuer Milliardenkredite, die offiziell für die Ertüchtigung der maroden Infrastruktur in der BRD genutzt werden sollen.
Am Koalitionsvertrag kritisierte Werneke, dass dort keineswegs eine garantierte Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro die Stunde enthalten sei. »15 Euro müssen her ab 2027«, forderte der Verdi-Funktionär, ob die sogenannte Mindestlohnkommission dies beschließen werde oder nicht. Vor dem Wolfsburger Rathaus lobte die Erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, enthusiastisch unter anderem die Bemühungen der über 40.000 VW-Beschäftigten, die um die Zukunft ihres Werks und ihrer Arbeitsplätze kämpften. »Wenn man versucht, die Mitbestimmung bei VW zu brechen, versucht man, die Arbeiterbewegung zu brechen«, warnte Benner.
Wie viele Menschen sich derweil an den zahlreichen Demonstrationen gegen Krieg, Kapitalismus und den Völkermord in Gaza beteiligten, blieb zur Mittagszeit unklar. Bilder aus zahlreichen Großstädten der BRD von kleinen und großen Demonstrationen sowie Demoblöcken wurden im Internet verbreitet: von München bis Hamburg, von Frankfurt am Main bis Halle (Saale) und Berlin.
Vereinzelt kam es offenbar zu (Beinahe-)Zwischenfällen, beispielsweise rund um palästinasolidarische Auftritte. So berichtete Perspektive Online von Bedrängungen durch Ordner des DGB-Demozugs in Leipzig oder von Polizeikräften, die in Duisburg eine Person aus dem dortigen Palästina-Block verhaften wollten. In dem Fall sei die Demonstration geschlossen geblieben und habe den Zugriff zunächst verhindern können.
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