Leinenlöser des Tages: Pedro M. V.
Von Arnold Schölzel
Pedro M. V. ist obdachlos und schläft gewöhnlich in einer Ecke des Flughafens von Palma de Mallorca. Am vergangenen Sonnabend gelangte er zusammen mit einem Bekannten »irgendwie« zum Yachthafen Can Pastilla und beschloss, seinen 59. Geburtstag am Ostermontag auf einem Zwölf-Meter-Segelboot mit guten Alkoholvorräten an Bord zu verbringen. Der Motorschlüssel lag herum, die Hafenausfahrt war kein Problem, die Getränke reichten, dennoch setzten die beiden einen Notruf ab, als die Wellen ihnen zu hoch wurden. Die Guardia Civil verhaftete sie am Montag und Pedro M. V. verbrachte seinen Feiertag in einer Zelle, wurde aber von einem Richter auf freien Fuß gesetzt.
Seitdem ist er Held teils epischer Zeitungsberichte – noch kein homerischer Odysseus, aber die Zeitung Ultima hora ernannte ihn bereits zum »Fluch der Karibik«-Oberpiraten Captain Jack Sparrow. Das deutschsprachige Mallorca Magazin nahm den Akt der Selbstversorgung nicht so locker, denn bei den deutschen Yachtbesitzern auf der Insel herrsche »Fassungslosigkeit«, der Schaluppendiebstahl werfe »grundlegende Fragen« auf: Wie konnten »zwei ortsbekannte Obdachlose« in den Yachthafen spazieren, an Bord gehen und das Boot starten? Wo soviel Grundlegendes passiert, fühlt sich die Familie des Bootsbesitzers »nicht mehr sicher, weder an Land noch auf dem Wasser.« Die Obdachlosen hätten »ganze Siedlungen« in der Umgebung errichtet.
Wenn so in jeder Hinsicht kein fester Boden mehr unter den Füßen ist, sind in Wirklichkeit die deutschen Bootsbesitzer gefühlt ohne Obdach und der ortsbekannten Räuberei ausgeliefert. Dazu stellte das Mallorca Magazin ein Foto, auf dem ein Polizist mit Maschinenpistole vor einem im Meer liegenden Segelboot posiert. Das könnte die politisch besonders passende deutsche Lösung für Mallorca sein: kein Boot ohne Kanone.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred P. aus Hamburg (27. April 2025 um 15:35 Uhr)»Wenn das der Caudillo (Führer), wüsste!« Es gibt viele Gründe, die junge Welt zu lesen. Beiträge wie die von A. Schölzel gehören auf jeden Fall dazu. Dank an A. Schölzel für diese Glosse zu Mallorca. Was wäre, wenn die beiden Obdachlosen wenigstens so lange der Treibstoffvorrat der Yacht reichte, in aller Gemütlichkeit die flüssigen und die (wahrscheinlich) festen Genussmittel an Bord hätten genießen können. Aber nein, zu hohe Wellen und die Guardia Civil haben sie um den verdienten Genuss gebracht. Schade. So wie vielleicht die Großväter der Yachteigentümer sich 1936 gefragt haben mögen, dass man angesichts einer sich abzeichnenden linken spanischen Republik sich »nicht mehr sicher sein« könne, und das nicht nur auf dem »Land«, sondern auch zu »Wasser«, um dann die »Legion Condor« zur Unterstützung des faschistischen Putsches 1936 nach Spanien zu entsenden. Die Enkel der deutschen Yachteigentümer wollens besser ausfechten und denken vielleicht ja schon über die Entsendung der »Legion Condor 2.0« nach. Die Erben und Enkel Francos (El Caudillo) träumen schon von der »politisch besonders passende(n) deutsche(n) Lösung für Mallorca: kein Boot ohne Kanone«.
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vom 26.04.2025