Demokratie nur Fassade
Von Thomas Berger
Formal ist Kambodscha ein demokratisch verfasstes Staatswesen mit einem Mehrparteiensystem. Doch das ist nur Fassade: Im Parlament ist die regierende Kambodschanische Volkspartei (CPP) mit 120 von 125 Sitzen fast allein. Jegliche ernsthafte Opposition ist spätestens seit November 2017, als die Kambodschanische Nationale Rettungspartei (CNRP) per Gerichtsverfügung zwangsweise aufgelöst wurde, nicht mehr vorhanden. Die rechtsliberale CNRP war 2012 als Zusammenschluss aus der nach ihrem Vorsitzenden benannten Sam Rainsy Party und der Menschenrechtspartei von Kem Sokha entstanden. Bei den nationalen Wahlen im Folgejahr schien sie der CPP ernsthaft gefährlich werden zu können, als diese nur noch 68, die neue Oppositionskraft immerhin 55 Sitze erringen konnte.
Nach Manipulationsvorwürfen und dem fehlgeschlagenen Versuch einer Einigung ging der frühere Langzeitpremier Hun Sen hart gegen die CNRP vor. Sam Rainsy flüchtete ins Exil, andere Exabgeordnete folgten. Dem Rest der Parteispitze wurde schließlich wegen eines angeblichen »Umsturzversuches« mit ausländischer Beteiligung der Prozess gemacht. Sokha kam erst in Haft, dann unter Hausarrest und wurde gezwungen, sich von jeglicher politischen Tätigkeit zurückzuziehen. Zwar musste die CPP, die 2018 bis 2023 sogar einzige parlamentarische Kraft war, vor zwei Jahren fünf Mandate an die royalistische FUNCINPEC abgeben, die allerdings keine alternative Kraft darstellt.
Seit 1985 hatte mit einer winzigen Unterbrechung der einstige Rote-Khmer-Dissident Hun Sen das Land geführt. Seine Partei, die CPP, warf ihre frühere sozialistische Orientierung schon nach 1990 über Bord und trennte sich von der Kennzeichnung »revolutionär« im Parteinamen. 2023 erbte Hun Manet, zuvor schon Oberkommandierender der Armee, von seinem Vater die Macht. Dieser zieht als Chef des Senats, der zweiten Parlamentskammer, im Hintergrund aber weiter die Fäden. Neben dieser Familie gibt es weitere Politikerclans, die in Verbindung mit chinesischen, südkoreanischen und japanischen Konzerninteressen schwerreich wurden und die ökonomische Unabhängigkeit des Landes sukzessive verramscht haben. Die Entwicklungsunterschiede zwischen dem modernen Phnom Penh, Siem Reap unweit der Angkor-Tempel als Tourismusmagnet und der vom Glückspiel geprägten Küstenstadt Sihanoukville einerseits sowie den ländlichen Regionen andererseits sind heute beträchtlich.
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