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27.02.2025, 20:12:55 / Inland

Neutralitätsgebot: Ministerium hat vor der Wahl Mahnung verschickt

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Die Union hat Fragen zur staatlichen Finanzierung: Demonstrantinnen mit Schildern der "Omas gegen rechts" in Essen (22.2.2025)

Berlin. Im Zusammenhang mit Demonstrationsaufrufen im Vorfeld der Bundestagswahl hat das Bundesfamilienministerium staatlich geförderte Organisationen vor zwei Wochen dazu ermahnt, sich an die Regeln zur politischen Neutralität zu halten. »Aus aktuellem Anlass erinnern wir daran, dass auf Aufrufen zu Demonstrationen das Logo des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Logo des Bundesprogramms grundsätzlich nicht abgedruckt werden darf«, heißt es in einem Schreiben, das das für die Förderung zuständige Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Bafza) bereits am 12. Februar an die rund 560 Projektträger des Bundesprogramms »Demokratie Leben« geschickt hatte. Der Brief, der erst am Donnerstag bekannt wurde, liegt dpa vor.

In den vergangenen Tagen hatte eine parlamentarische Anfrage der Union für wütende Reaktionen gesorgt, in der sie die Finanzierung dieser Organisationen und deren politische Neutralität hinterfragt. Die mehr als 500 Fragen wurden zwei Tage vor der Bundestagswahl an die Bundesregierung geschickt; Auskunft verlangt wird darin auch darüber, welche gemeinnützigen Körperschaften in der abgelaufenen Wahlperiode mit Bundesmitteln gefördert wurden. In der Anfrage heißt es außerdem, dass die Proteste »eine gezielte parteipolitische Einflussnahme« unmittelbar vor der Bundestagswahl gewesen seien.

Hintergrund des Briefs vom 12. Februar an die Organisationen war nach dpa-Informationen eine Protestkundgebung im thüringischen Suhl, die am 11. Februar stattfand. Auf der Einladung zu der Demonstration, die online abrufbar ist, ist auch das Logo des vom Bund geförderten Programms »Demokratie Leben« zu sehen. Das sei unzulässig gewesen, erklärt das Bundesamt in seinem Schreiben. Die Veranstalter hätten die Verwendung des Logos dem Bundesamt anzeigen müssen und es nur im Falle einer Zustimmung verwenden dürfen. Außerdem wird klargestellt: »Zuwendungen, die für eine konkrete Maßnahme bewilligt wurden, dürfen nicht jenseits dieses Zwecks verwendet werden.«

Es stehe den Organisationen grundsätzlich frei, zu Demonstrationen aufzurufen und daran teilzunehmen, heißt es weiter. Die Zuwendung, die sie erhielten, diene aber »ausschließlich dem Zuwendungszweck des Projekts«. Daher sei es »zuwendungsrechtlich verfehlt, das Logo in einem solchen Zusammenhang zu verwenden«. Die Bundesregierung habe wegen des Grundsatzes der Chancengleichheit der Parteien »das Gebot staatlicher Neutralität zu beachten«. Nach diesem Grundsatz dürften mit öffentlichen Mitteln »keine Maßnahmen gefördert werden, die zielgerichtet für eine politische Partei werben oder zielgerichtet gegen eine politische Partei Einfluss nehmen«, schreibt das Bundesamt weiter. Das gelte »in besonderem Maße« vor anstehenden Wahlen.

Politisch heikel ist der Vorgang auch deshalb, weil sich die Demonstrationen in Suhl und in anderen Städten auch explizit gegen das Vorgehen der Union im Bundestag richteten, das in zwei gemeinsame Abstimmungen mit der AfD mündete. (dpa/jW)

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