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Aus: Ausgabe vom 26.03.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Astrobiologie

Wolken aus Schwefelsäure? Kein Problem!

Aminosäuren und andere Lebensbausteine können der Atmosphäre der Venus standhalten
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Die Venus der Gegenwart ist ein feindlicher Ort. Auf ihrer Oberfläche herrschen Temperaturen von mehr als 450 Grad Celsius, die Luft besteht zu über 96 Prozent aus Kohlendioxid, der herrschende atmosphärische Druck kommt dem gleich, der auf einem Taucher lastete, wenn er sich in eine Meerestiefe von 900 Metern begäbe. Jede bekannte Form organischen Lebens ist dort ausgeschlossen. Die Wolkendecke der Venus besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Schwefelsäure. Aber ausgerechnet unter solchen Umständen in Höhen von 48 bis 80 Kilometern, wo die Temperatur geringer und der Druck niedriger ist, könnten Mikroben ein Refugium gefunden haben.

Die Möglichkeit außerirdischen Lebens in der Venusatmosphäre hatten Planetenforscher bereits 2020 in Betracht gezogen, als sie das Gas Phosphin nachwiesen, das als potentieller Indikator für biogene Prozesse gilt. Nun sind Wissenschaftler vom Worcester Polytechnic Institute in den USA der Fragen nachgegangen, ob Zellen und biochemische Lebensbausteine unter den Bedingungen der Venuswolken überhaupt existieren können. Bisher wusste man, dass Nukleinsäuren und DNA-Basen der ätzenden Schwefelsäure widerstehen können. Das Team um Maxwell Seager hat jetzt 20 verschiedene Aminosäuren, ebenfalls eine essentielle Gruppe von molekularen Lebensbausteinen, daraufhin geprüft und die Ergebnisse vergangene Woche in der Zeitschrift Astrobiology veröffentlicht. Würden die Aminosäuren, so wie man sie jeweils 81- oder 98prozentiger Schwefelsäure aussetzte, stabil bleiben oder zersetzt werden? Tatsächlich reagierten 19 der 20 getesteten Aminosäuren gar nicht auf die hochkonzentrierte Säure oder veränderten sich nur in ihren Seitenketten.

Das heißt nun, dass fast alle biogenen, vom irdischen Erbgut kodierten Aminosäuren und außerdem auch die anderen zentralen biochemischen Bausteine – DNA-Basen, Nukleinsäuren, Lipide – den ätzenden Säurewolken der Venus standhalten können. »Das bedeutet natürlich noch nicht, dass es auf der Venus auch Leben gibt«, sagt Seager. »Aber wenn unsere Versuche ergeben hätten, dass das Rückgrat der Aminosäuren geschädigt worden wäre, dann hätte dies Leben, wie wir es kennen, weitgehend ausgeschlossen.« (jW)

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (25. März 2024 um 22:08 Uhr)
    Phosphin (genauer: Monophosphan): Es wird tatsächlich bei der Suche nach extraterrestrischem Leben wegen seiner spektroskopischen Nachweisbarkeit als Biomarker benutzt. Die Meinungen der Experten gehen auseinander, ob diese Substanz tatsächlich in der Venusatmosphäre vorhanden ist oder nicht. Im »Spektrum« (30.11.2022, https://www.spektrum.de/news/ausserirdisches-leben-doch-kein-phosphin-in-der-venusatmosphaere/2083128) steht: »Bereits im Juli 2021 hatte ein Team um den Planetenastronomen Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center die Originaldaten noch einmal geprüft, fand jedoch keine Hinweise auf Phosphin. Seine Analyse ergab, dass das seltene Spurengas mit Schwefeldioxid verwechselt worden sein könnte, das in der Venusatmosphäre reichlich vorkommt.« Beim DLR (https://www.dlr.de/blogs/alle-blogs/leben-oder-kein-leben-auf-der-venus-ein-dlr-faq-zum-spurengas-phosphin.aspx) gibt man sich etwas zurückhaltender: »So wurde bald Kritik und sogar Widerspruch laut: Der Nachweis sei statistisch nicht signifikant, sagten die einen, selbst das Vorhandensein von Phosphin müsse nicht bedeuten, dass es biologischen Ursprungs ist, betonten die anderen.« Weiter: »Ja, man kann eine kleine Menge von PH3 in einer Höhe zwischen 50 und 60 Kilometer (in der Wolkendecke der Venus) durch rein abiotische Reaktionen reproduzieren. Allerdings sind die Ungenauigkeiten der Modellrechnungen sehr groß.« Na klar: »Die ESA-Mission JUICE, an der auch das DLR beteiligt ist, könnte neue Erkenntnisse bringen.«

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