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Aus: Ausgabe vom 22.03.2024, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Hände weg vom Fanprojekt

Von René Lau
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Wir alle sind froh, wenn wir jemanden haben, dem wir uns anvertrauen, dem wir unser Leid klagen können. Wenn dann noch ein kluger Rat erteilt wird, um so besser. Doch was, wenn es mit der Vertraulichkeit nicht weit her ist bzw. wir befürchten müssten, der Staat hätte Zugriff auf die vertraulichen Worte? Niemand würde sich freiwillig in so eine Gefahr begeben.

Häufig sind Sozialarbeiter solche Vertrauenspersonen. Jugendliche in Freizeitklubs, von Gewalt bedrohte Frauen, finden bei ihnen Zuspruch. Wir halten es für selbstverständlich, dass die Informationen vertraulich behandelt werden. Beim Fußball sind es die Fanprojekte, bei denen Sozialarbeiter beschäftigt sind, die sich vor allem um junge Fans kümmern. Nicht nur in Fragen sinnvoller Freizeitbeschäftigung sind Fanprojekte Anlaufstelle, sondern auch, wenn Gesprächsbedarf besteht. Häufig ist es ja so, dass Jugendliche ihren Eltern am liebsten gar nichts erzählen. Ärgerlicherweise haben Mitarbeiter von Fanprojekten, anders als Kollegen in anderen sozialen Bereichen, kein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht. Was in der Vergangenheit immer mal wieder dazu führte, dass diese Vertrauenspersonen von Ermittlungsbehörden als Zeugen geladen wurden.

Aktuell gibt es einen Fall in Karlsruhe, der die Existenz der Beteiligten gefährden könnte. Drei Mitarbeiter des Fanprojekts Karlsruhe hatten als Zeugen aussagen sollen – was sie verweigerten. Daher wurden alle drei mit einem Strafbefehl des Amtsgerichts Karlsruhe zu 120 Tagessätzen sanktioniert. Sollten die Strafbefehle rechtskräftig werden, gelten sie als vorbestraft und könnten ihre Jobs verlieren. Seit Jahren kämpfen deshalb engagierte Fans und Fan­projektler für die Änderung der Strafprozessordnung – eben damit Beschäftigte der Sozialen Arbeit in den Genuss eines Zeugnisverweigerungsrechts kommen.

In einer Ampelkoalition, die sich mehr Rechtsstaatlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat, muss es endlich zu einer Änderung des Paragraphen 53 der Strafprozessordnung kommen. Gelingt das nicht, rührt dies an den Grundfesten der Institution Fanprojekt. Kein Fan soll befürchten müssen, dass sein Vertrauen enttäuscht wird, dass seine Sorgen und Ängste gar bei Polizei und Staatsanwaltschaft landen.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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