Gegründet 1947 Dienstag, 7. Oktober 2025, Nr. 232
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Online Extra
19.09.2023, 19:52:50 / Ausland
Flutkatastrophe

Damm in Libyen aus Erde gebaut

Im libyschen Darna wurden von den Fluten ganze Stadtviertel wegg
Im libyschen Darna wurden von den Fluten ganze Stadtviertel weggeschwemmt (18.9.2023)

Bengasi. Mindestens einer der beiden Dämme, deren Bruch in Libyen zu einer Flutkatastrophe mit Tausenden Toten führte, war nach Angaben einer Expertin aus Erde und nicht aus Zement gebaut. »Der Damm, der kollabierte, war nur aus Sand und Steinen gebaut«, schrieb Claudia Gazzini von der Denkfabrik International Crisis Group am Dienstag auf X, vormals Twitter. »Der Kontrollturm und der riesige Abwasserkanal waren aus Zement, und beide stehen noch.« Gazzini veröffentlichte auf X Fotos von ihrem Besuch an einem der beiden Dämme rund zehn Kilometer südlich der Hafenstadt Darna, die besonders schwer von der Katastrophe getroffen wurde. Zu sehen sind Überreste eines Damms in einem ausgetrockneten Flussbett. Das Becken habe sich einem Anwohner zufolge am Abend des 10. September bei den schweren Regenfällen schnell gefüllt, nach nur fünf Stunden sei Wasser über die Oberkante des Damms getreten.

Infolge des Sturms »Daniel« waren zwei Dämme in Darna gebrochen. Ganze Viertel der 100.000 Einwohner zählenden Stadt wurden durch die Wassermassen weggespült. Den Behörden wird vorgeworfen, die Dämme nicht ordnungsgemäß instandgehalten und somit zur Katastrophe beigetragen zu haben. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bisher allein in Darna rund 4.000 Todesopfer identifiziert. Bei 400 Personen soll es sich um ausländische Staatsbürger gehandelt haben, die auf der Flucht oder auf der Suche nach Arbeit nach Darna gekommen waren.

Unterdessen wächst die Gefahr von Krankheitsausbrüchen. Das Gesundheitsministerium der Regierung im Osten Libyens teilte am Dienstag der Nachrichtenseite Al-Marsad zufolge mit, dass Darna in drei Zonen eingeteilt werde. Die am stärksten von der Flutkatastrophe vor einer Woche betroffene Gegend wurde für unbewohnbar erklärt. Sie dürfe nur noch von Rettungsteams betreten werden, hieß es. Auch die »fragile Zone« – eine weitere Gegend, die stark von Wasser durchflutet wurde – stelle eine Gefahr für die Bewohner dar. Die dritte und letzte Zone wurde von dem Ministerium als sicher und bewohnbar erklärt.

Gleichzeitig berichteten Journalisten und Aktivisten am Dienstag, sie seien aufgefordert worden, die Katastrophengebiete zu verlassen. Eine Journalistin des saudischen Fernsehsenders Al-Hadath sagte, bis Dienstag mittag müssten alle Journalisten Darna verlassen. Als Grund hätten die Behörden im Osten eine mögliche Behinderung der Rettungsarbeiten und die Gefahr einstürzender Gebäude genannt. Teils wurde vermutet, dass Berichte über eine Demonstration vom Vorabend der Auslöser gewesen sein könnten. Dabei hatten Hunderte Menschen gefordert, die Verantwortlichen für die Katastrophe zur Rechenschaft zu ziehen. (dpa/jW)

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Ausland