Lubomír Štrougal verstorben
Prag. Der ehemalige tschechoslowakische Ministerpräsident Lubomír Štrougal ist tot. Er starb im Alter von 98 Jahren, wie die Agentur CTK am Montag unter Berufung auf seine Familie berichtete. Der Kommunist stand von 1970 bis 1988 an der Spitze der Regierung in Prag und war neben Gustáv Husák, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ), einer der maßgeblichen Politiker bei der Stabilisierung des Landes, nachdem sowjetische Truppen im August 1968 den Versuch unterbunden hatten, das Land aus dem Bündnissystem des Warschauer Vertrages herauszubrechen.
Štrougal wurde am 19. Oktober 1924 in Veseli nad Luznici geboren. Sein Vater war Arbeiter und Kommunist, im Widerstand gegen die deutsche Besatzung aktiv und starb bei einem Bombenangriff im Gefängnis Berlin-Plötzensee. Nach dem Krieg studierte Štrougal Jura und wurde mit 34 Jahren ins Zentralkomitee der KP gewählt. 1959 wurde er Landwirtschaftsminister, 1961 dann Innenminister. 1968 gehörte er zunächst zu den führenden Funktionären der KP, die dem sowjetischen Einmarsch ablehnend gegenüberstanden, wechselte dann aber die Seiten. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre gehörte er zu den Perestroika-Befürwortern in der Parteiführung; als dieser Flügel den innerparteilichen Machtkampf zunächst verlor, musste er im Oktober 1988 als Ministerpräsident zurücktreten. 1990 wurde er aus der KSČ ausgeschlossen. Danach zog er sich aus der Politik zurück und lebte zurückgezogen im Isergebirge. Über die Jahre scheiterten mehrere Versuche, ihn wegen seiner politischen Tätigkeit vor 1989 juristisch zu belangen. In seinen 2009 erschienenen Memoiren beklagte Štrougal die »Verelendung hunderttausender Menschen« nach der Beseitigung des Sozialismus in der ČSSR. (jW)
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