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Leserbrief zum Artikel Afghanistan: Mehr US-Truppen für Abzug vom 24.04.2021:

Vorhersehbares Desaster

Die NATO erklärte Mitte April, dass sie ihre Soldaten aus Afghanistan abziehen werde. Eine absolut richtige Entscheidung, ohne wenn und aber. Die Supermacht Sowjetunion war schon mit ihrer militärischen Intervention – zur Unterstützung der afghanischen Kommunisten – im gebirgigem Afghanistan gescheitert. Nach zehnjährigem Krieg kam die Sowjetunion 1989 zu dem Schluss, dass der Kampf in Afghanistan nicht zu gewinnen sei, und zog ihre Truppen ab. 15.000 Sowjetsoldaten verloren in Afghanistan ihr Leben. Eigentlich hätte dies Amerikanern und Europäern eine Warnung sein müssen. Der Einmarsch der Amerikaner in Afghanistan war ein nicht zu Ende gedachter Schnellschuss als Reaktion auf den Terrorakt der Islamisten in New York. Deutschland und einige andere westliche Länder sind einfach gedankenlos mitmarschiert. Fazit nach zwanzig Jahren Krieg in Afghanistan: außer Spesen und vielen toten Soldaten nichts gewesen, was vorhersehbar war.
Als Ende 2001 im Bundestag über den Afghanistan-Einsatz abgestimmt wurde, saß ich vor dem Fernseher. Mit Verwunderung nahm ich zur Kenntnis, dass die Mehrheit der Abgeordneten für die Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan stimmte, wohlwissend, wie es der Sowjetunion ergangen war. Die Grünen, die bis dato mit dem Zitat »Schwerter zu Pflugscharen« in den Wahlkampf gezogen waren, hätten es verhindern können, taten es aber nicht. Mehr als 50 deutsche Soldaten haben in Afghanistan ihr Leben gelassen. Für was? Wenn die Befürworter des Afghanistan-Einsatzes ihre Töchter und Söhne hätten schicken müssen, wäre das Ergebnis der Abstimmung anders ausgefallen. Den Afghanistan-Einsatz hätte es nicht gegeben.
Dr. Karl Hahn, Bad Salzungen
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.04.2021.