Leserbrief zum Artikel Linkspartei: NATO? Find’ ich gut
vom 20.01.2021:
Am Scheideweg
Der Linke-Politiker Matthias Höhn wirbt im Spiegel mit einem »Diskussionsangebot« für die Übernahme der NATO-Sicht auf die Weltlage für eine »Koalitionsfähigkeit« der Partei Die Linke in einem möglichen bürgerlichen Bündnis. Ein erneuter Vorstoß, um das so wichtige Alleinstellungmerkmal unserer Partei, die Frieden- und Abrüstungsforderungen, ad acta legen zu können. Auch mit dem Sinken der Umfragewerte für das in Aussicht gestellte »rot-rot-grüne« Dreiergespann verstärken sich die Träumereien und öffentlichen Meinungsäußerungen von Linken für ein sogenanntes Bündnis auf Bundesebene, unter Aufgabe der programmatischen friedenpolitischen Grundsätze der Partei. In den Parteien, deren Vertreter in abgeschotteter Atmosphäre darüber fabulieren, bestehen zum Beispiel konträre Vorstellungen zum Umgang mit den Hartz-Gesetzen, der EU- und nationalen Außenpolitik in den Beziehungen zu Russland, China, Kuba, Venezuela und Palästina und ganz besonders zur militärischen Mitwirkung bzw. Beteiligung der BRD in Europa und in der Welt. Jetzt will man den opportunistischen Hobel anlegen. Wo will denn Die Linke erfolgreich mitwirken, wenn künftig in diesen Fragen sogenannte Mehrheiten in einer »Phantasieregierung« und im Deutschen Bundestag gesucht werden? Dann wird Die Linke mit ihren gegenwärtig sieben Prozent am Katzentisch sitzen, und das Parteiprogramm wird zur Makulatur. So bleibt Deutschland mit Hilfe der SPD, der Grünen sowie der konservativen Mehrheiten in der NATO und wird die geforderten zwei Prozent für den vermeintlichen »Verteidigungshaushalt« leisten. Prima, oder? Man muss den stellvertretenden Parteivorsitzenden Tobias Pflüger für sein Engagement zur strikten Umsetzung des Parteiprogramms für Frieden und Abrüstung danken und ihm Erfolg wünschen. Sollte Die Linke ihre grundsätzlichen und sie auszeichnenden sozialen, solidarischen und friedenspolitischen Forderungen für die Chimäre einer Machtbeteiligung aufgeben, dann werden sich unsere Wege trennen müssen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 20.01.2021.