4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
Gegründet 1947 Freitag, 3. Mai 2024, Nr. 103
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten 4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Georg Lukács: Leitbild klassischer Humanismus vom 24.10.2020:

Ökonomische Hintergründe fehlen

Obwohl der klassische Humanismus nicht revolutionär und in jeglicher Hinsicht von den beengenden, rückständigen Verhältnissen in den damaligen »Deutschländereien« geprägt war, stellte Lukács die deutsche Klassik als den »ideologischen Reflex« der Französischen Revolution dar, trotz der Begrenzungen einer noch von den mittelalterlichen Handwerkermanufakturen bestimmten Gesellschaft. Die damalige deutsche Entwicklung war davon geprägt, dass zentrale Positionen dieses intellektuellen Humanismus einfach allgemein nicht verstanden und praktiziert wurden. Die Orientierung auf Fortschritt, Demokratie und Vernunft wurde systematisch untergraben, was sich in Deutschland anhand der geschilderten Misere, der Unterdrückung demokratischer Bewegungen und der Verdeutschung der Entwicklung negativ auswirkte. Lukács' wirksamstes Werk, »Geschichte und Klassenbewusstsein«, trug zur Linksorientierung der europäischen Intellektuellen in den 1920er Jahren bei. Andererseits ist für Lukács der klassische Humanismus ein Leitbild der »fortgeschrittensten Schicht im damaligen Deutschland«. Damit wird die Geschichte sehr einseitig betrachtet und als spezifisch deutscher Weg eher verherrlicht. Lukács, wie die meisten Philosophen, hatte keine Ahnung von der mit der industriellen Revolution aufkommenden, immer mehr bestimmenden Ökonomie, welche schließlich in Deutschland im Faschismus mündete. Damit werte ich seine gutgemeinten »Reflex«-Analysen (...) als sehr einseitig und als sehr schmeichelhaft.
Istvan Hidy
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Jenseits der Barrikade

    Mit dem Hinweis auf das Leitbild des klassischen Humanismus und damit auf die bildungsmäßigen sowie kulturellen Voraussetzungen für eine »Menschwerdung des Menschen« ist aktuell leider noch nicht viel...
    Dr. Michael Rudlof