Gegründet 1947 Sa. / So., 20. / 21. April 2024, Nr. 93
Die junge Welt wird von 2767 GenossInnen herausgegeben

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel USA: Debatte nach Tod von Verfassungsrichterin vom 21.09.2020:

Großer Verlust

Wer von dem unabdingbaren wie erfolgreichen Zusammenwirken von Demokratie und Rechtsstaat sprechen will, kam und kommt an Ruth Bader Ginsberg freilich nicht vorbei. Die physisch zierliche Dame war eine Gigantin, eine Autorität durch Authentizität in allen Bereichen, die die Würde und Integrität eines Menschen ausmachen. Sie hat, was in gesellschaftspolitisch außerordentlich aufgewühlten und spalterischen Zeiten um so wichtiger war, mit großer Vernunft und klugem Geschick bestehende Differenzen und Divergenzen hinterfragt und entkräftet. Sie hat für das wichtigste Ziel menschlicher Gesellschaft gerungen: Frieden durch Verständigung und Gleichberechtigung, mithin Aufklärung und Aufgeklärtheit im besten Sinne. Es ist also kein Wunder, dass RBG für viele, insbesondere liberal-demokratisch wahrnehmenden Menschen, Idol und Vorbild war und hoffentlich auch weiterhin sein wird. Für mich jedenfalls bleibt sie die Referenzgröße, wenn es um die humane, gleichsam realpolitische Umsetzung von Erkenntnis und Gerechtigkeit geht. Denn mehr kann ein einzelner Mensch für eine menschliche Gemeinschaft nicht leisten.
Wer nun auf diese großartige Persönlichkeit am »Supreme Court« folgt, darüber entscheidet womöglich ein Amtsträger, der Ruth Bader Ginsberg von seinem Habitus nicht deutlicher entgegenstehen könnte. Die USA haben eine überaus starke Stimme für Objektivität und Unbestechlichkeit verloren.
Matthias Bartsch, Lichtenau
Veröffentlicht in der jungen Welt am 22.09.2020.