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Leserbrief zum Artikel Ökonomie der Staatsschuld: Die große Flut vom 23.06.2020:

Geld muss unter die Leute

Das positiv formulierte Konjunkturpaket ist nichts anderes als eine enorme Staatsverschuldung und Staatskapitalismus westlicher Art, was doch, ergänzend zum Artikel »Die große Flut«, einige Fragen aufwirft. Niemand weiß, wohin diese Schuldenpolitik von Berlin und Brüssel führt und wie sie gegen die drohende Deflation schließlich wirken wird. Die staatliche Geldverteilung könnte durchaus zum Fiasko für die Jüngeren werden, sie tragen die Hauptlast jetzt in der Rezession, werden aber im Konjunkturpaket kaum bedacht und zukünftig die Schulden tilgen müssen. Für die deutsche Exportwirtschaft, die in einer weltweit offenen Ökonomie tätig ist, wurde die »rheinische soziale Marktwirtschaft« geopfert. Die dadurch entstandene Ungleichheit ruft nach einer »human-kollektiven« Umverteilungsanstrengung, häufig nicht allein, weil sie unserem menschlichen Sinn für soziale Gerechtigkeit widerspricht, sondern weil sie auch eine ungeheure Vergeudung von Humanressourcen darstellt, die besser zum Nutzen auch fürs Kapital verwendet werden könnten. Ein Staat aber, der sich absolut dem Markt unterworfen hat, ist keine Demokratie mehr. Unter anderem darum, weil die Unvollkommenheit des Kreditmarkts oder, einfacher formuliert, die Tatsache, dass man nur den »Reichen, den Habenden« etwas leiht, für die offensichtlichste Form ineffizienter Ungleichheit verantwortlich ist. Wenn schließlich alle so handeln, verhungert zuerst der Staat und mit ihm die öffentliche Ordnung. Doch ohne öffentliche Ordnung auch keine liberale Wirtschaft. Darum war der Sieg des Markts über Sozialstaat und Demokratie nur ein Pyrrhussieg. Die jetzige Geldflut für den Habenden bleibt ineffizient, weil Unternehmer und Kapitalisten ihre Kaufkraft nicht nutzen, und zwar weder für Konsum noch für Investitionen. Die Verschiebung der Steuerlast auf die Arbeit als neoliberale Idee war ein Riesenfehler, sie muss unbedingt korrigiert werden. Nicht die schlechte Laune der Verbraucher, sondern ihre sinkenden Einkommen sind die Ursache für die klägliche Konjunktur und für die drohende Deflation. Das Geld muss unter die Leute gebracht werden. Eine effiziente Umverteilung wäre längst angebracht durch ein »Weg von der Steuer auf Arbeit«. Steuern müssen bei den nicht der Realwirtschaft dienenden sogenannten »Big Player« am Finanzmarkt, den »Vermögensverwaltern und Steuerhinterziehern«, eingeholt werden!
Istvan Hidy, Stuttgart
Veröffentlicht in der jungen Welt am 24.06.2020.
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