junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Mittwoch, 8. Mai 2024, Nr. 107
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Aus Leserbriefen an die Redaktion vom 21.03.2020:

Zum Leserbrief »Scharlatanerie«

In der DDR sind die Biologen – das konnte ich damals an der Technischen Universität Dresden selbst erleben – den Theorien von Lyssenko und anderen nicht gefolgt. Viele osteuropäische Staaten und China waren wegen der Erbschaft von Kapital und Kolonialzeit gar nicht in der Lage, die Situation richtig einzuschätzen, was man ihnen also nicht verübeln kann, denn der Sozialismus war gerade noch im Säuglingsalter. Die frei hineingeworfene Behauptung, dass es in der UdSSR eine »übereilte und gewaltsame Zwangskollektivierung« gegeben habe, hat keinerlei Basis. Nachdem die UdSSR zuerst Grundlagen der Industrialisierung schaffen musste, war es nun nach circa zehn Jahren notwendig, die landwirtschaftliche Produktion in die staatliche Planung einzubeziehen, ohne die ein realer Sozialismus unmöglich ist. Außerdem hatten die Führungskräfte auch »Mein Kampf« gelesen und wussten, dass es notwendig ist, unverzüglich die landwirtschaftliche Produktion und Ernährung unter staatliche Kontrolle zu bringen, um bis zum Zeitpunkt des Überfalls auf diesem Gebiet die Lage beherrschen zu können. Es war also überhaupt keine Zeit zu verlieren und nicht möglich, in jahrelanger Agitation feindliche Parolen, historisch eingefahrene Verhältnisse usw. außer Kraft zu setzen, so dass die Arbeiterklasse eingesetzt wurde, um diesen Prozess zu beschleunigen. Ähnlich – aber etwas langfristiger und mit der Bereitstellung von Großmaschinen usw., war es auch in der DDR. Das Problem waren die Köpfe. Westsender schossen gewaltig in die DDR, z. B. mit der Behauptung über die Enteignung der Bauern usw. Außerdem hält sich der vom deutschen kapitalistisch-faschistischen Staat eingebläute Antikommunismus sehr lange, wie wir heute sehen. Für die Hungersnot in der UdSSR war ein ganzer Komplex von subjektiven und objektiven Ursachen verantwortlich, wie eine große Dürreperiode, riesiger Befall mit verschiedenen Pflanzenkrankheiten (Rostpilz). Niemand regt sich darüber auf, wenn noch heute Hunderttausende weltweit unter Hunger leiden und nicht wenige auch verhungern. Niemand regt sich z. B. über Großbrittanien auf, das 1770 in Bengalen ein Drittel der Bevölkerung verhunger ließ. In den Dürrejahren Ende des 19. Jahrhunderts verhungerten im britisch besetzten Indien zwischen zwölf und 29 Millionen Menschen. Wie viele Menschen verhungerten durch die zwei von Deutschland ausgelösten Weltkriege?
Gerhard Ulbrich, per E-Mail
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.03.2020.