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Leserbrief zum Artikel Coronavirus in der BRD: Krise zieht Kreise vom 17.03.2020:

Lobbyarbeit

Wenn Kristian Stemmler Themen der Hamburger Obdachlosen- und Flüchtlingspolitik berührt, so wie jetzt im Beitrag »Krise zieht Kreise« oder wie im handzahmen Interview mit einem Caritas-Mitarbeiter am 21. Dezember 2019, so fällt mir seine Distanz- und Kritiklosigkeit gegenüber den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und den Verlautbarungen ihrer Vertreter auf. So wünscht man sich dort wahrscheinlich Öffentlichkeitsarbeit. Wiedergegeben wird, was zum Standardrepertoire der Imagepflege dieser Verbände gehört, Seitenhiebe auf die Kolleginnen und Kollegen staatlicher Träger gelegentlich inbegriffen. Nichts gegen das persönliche Engagement der jW-Gesprächspartner in der Obdachlosen- und Flüchtlingshilfe. Aber es kann doch nicht sein, dass man diesen überwiegend staatlich finanzierten Trägern nur ein Forum bietet, ohne kritische Fragen zu stellen. Bei allem Verständnis für die jetzigen virusbedingten Caritas-Probleme hätte eine solche Frage doch lauten müssen, wie sich die Einstellung von Angeboten für Obdachlose vermeiden ließe. Und ob die staatlichen Träger, die zum Beispiel das Hamburger Winternotprogramm sicherstellen, tatsächlich auch so verfahren, so verfahren können …? Wo bleibt der Respekt gegenüber jenen Kolleginnen und Kollegen, die Basisangebote praktisch um jeden Preis aufrechterhalten müssen, da man von staatlichen Betreibern gerade dies erwartet? Anstatt den staatlichen Betreiber des Hamburger Winternotprogramms »Fördern und Wohnen« selbst direkt zu befragen, darf eine Caritas-Kollegin Mutmaßungen über den dortigen Umgang mit Obdachlosen anstellen. Die junge Welt täte gut daran, die Eigen- und Selbstdarstellungsinteressen kirchennaher Verbände in der Sozialarbeit stärker zu beachten.
Martin Leo, Lagos/Portugal (ehemals Hamburg)
Veröffentlicht in der jungen Welt am 18.03.2020.