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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel interessensvertretung: 100 Jahre »Mitbestimmung« vom 04.02.2020:

Zielrichtung des Betriebsverfassungsgesetzes ist das Problem

Der Artikel gibt die historische Faktenlage richtig wieder – was medienübergreifend immer unterbleibt –, allein deshalb schon ein guter Beitrag. Es wäre noch nützlich gewesen, darauf hinzuweisen, dass das Gesetz in der BRD vor seiner Änderung in der Fassung von 1934 galt. Diesen Hinweis fand man noch zu meiner Studienzeit 1990–1994 auch in den amtlichen Erläuterungen, jetzt schon lange nicht mehr. Grundsätzlich ist jedes Unternehmen mit Betriebsrat besser als eines ohne; Voraussetzung natürlich, die Betriebsräte tun ihre Arbeit im Sinn der abhängig Beschäftigten. Ist manchmal nicht ganz einfach, weil die Wählenden die falschen Leute in den Betriebsrat wählen. Und dies ist nicht politisch/ideologisch gemeint: Ich habe mehrere Betriebsratsgremien im Transportbereich erleben dürfen, in denen saßen die Sekretärin der Geschäftsführung, der leitende Disponent und der örtliche Niederlassungsleiter neben einem Fahrer oder Werkstattmitarbeiter. Wie kommt es zu solchen »Unfällen«? Ganz einfach. Es wird regional gewählt nach dem Motto: »Hauptsache einer von hier«, also aus Frankenthal, Worms, Mannheim etc., nicht aber nach dem richtigen Motto: »Hauptsache einer von uns«, also ein Fahrer, Schlosser usw., unabhängig davon, ob er in der Niederlassung Meppen, Osnabrück oder sonstwo eingestellt ist! Und zu diesen Voraussetzungen kommt Paragraph 2 Absatz 1 dann hinzu: »Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung ... vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.« Unabhängig von falschen Begriffen – niemand erwartet vom bürgerlichen Gesetzgeber, dass er statt »Arbeitgeber« den richtigen Begriff »Ausbeuter und Leuteschinder«, statt »Arbeitnehmer« richtig »Arbeiter und Angestellte« verwendet: Mit dem Bezug auf Paragraph 2 Absatz 1 werden von den Arbeitsgerichten oft wirkungsvolle Beschlüsse gekippt. Also: Gesetze bleiben das in Paragraphen gegossene Interesse der ökonomisch herrschenden Klasse!
Uwe Nebel, Mannheim