Leserbrief zum Artikel jW-Wochenendgeschichte: Ein »unerhörtes« Kulturgut
vom 16.11.2019:
DDR nicht vergessen
Aber er hat recht, dass in der Nachkriegszeit in Deutschland für die Renaissance des Hörspiels »auch kulturpolitische Entscheidungen sorgten: Die Westalliierten setzten bei der Konzeption des Rundfunks in ihren Zonen – ebenso wie die UdSSR im Osten Deutschlands – ganz auf die Kraft des Wortes.«
Und so muss ich ergänzend hierzu hinzufügen, dass im Osten Deutschlands schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Hörspiele gesendet wurden und sich danach, als der Rundfunk der DDR seinen Hauptsitz in der Nalepastraße in Berlin-Schöneweide hatte, eine umfangreiche Hörspieltradition entwickelte, um die uns die Kollegen aus den »Altbundesländern« oft beneideten, denn es wurde in den 60er Jahren eine Hauptabteilung »Funkdramatik« gegründet, die die Abteilungen Deutschsprachige Funkdramatik (inclusive Österreich und deutschsprachige Schweiz), Kinderhörspiel, Feature, Regie und Internationale Funkdramatik (ab 1969) beinhaltete.
Es gab spezielle Hörspielstudios mit modernster Technik, ein eigenes umfangreiches Geräuscharchiv usw. usf. Hörspiele unter anderem von Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Wolfgang Kohlhaase, um nur einige wenige zu nennen, und viele Stücke aus anderen Ländern, die eigens übersetzt und von den Dramaturgen bearbeitet, oft auch von Gastregisseuren aus den betreffenden Ländern inszeniert wurden, kamen regelmäßig zur Sendung.
Es gab in jedem Jahr mehrere Hörspielwochen, unter anderem auch diverse direkte Kontakte mit den Hörern, die zu Hörspielpräsentationen eingeladen wurden, und viele andere Aktivitäten.
Wenn also über das Hörspiel und seine Geschichte in Deutschland berichtet wird, was ich für sehr wichtig und ehrenwert halte, sollte die Stellung des Hörspiels in der DDR, dem anderen Teil Deutschlands, nicht außer acht gelassen werden.