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Leserbrief zum Artikel 70 Jahre DDR: »Es ging um eine lebendigere sozialistische Demokratie« vom 05.10.2019:

Wo bleiben heute Forderungen nach Demokratie?

Den Aussagen des Genossen Ekkehard Lieberam in diesem Artikel stimme ich im wesentlichen zu. Ich möchte folgende Aspekte hervorheben: Die gesamte Entwicklung der DDR muss immer im Zusammenhang mit dem Kampf der beiden Systeme und der Abhängigkeit von der UdSSR betrachtet werden. Ich stelle immer wieder fest, dass es bei Nichtbeachtung dessen zu Falscheinschätzungen, insbesondere bei der wirtschaftlichen Bewertung der DDR, kommt. Bei den permanenten Vergleichen zwischen der BRD und der DDR werden vor allem die durch den Zweiten Weltkrieg verursachten unterschiedlichen Bedingungen nicht berücksichtigt, wie auch die westlichen Embargos, die dem Sozialismus erhebliche ökonomische Probleme bereiteten. Die Überschrift und die leider oft gezogene Schlussfolgerung, es sei »um eine lebendigere sozialistische Demokratie« gegangen, ist eine bewusste Fehleinschätzung der Wirklichkeit, um den Kampf gegen den Sozialismus unter dem Deckmantel der Schaffung des »demokratischen Sozialismus« zu führen. Würde das nämlich stimmen, dann müssten die heutigen Betriebe schon lange wieder Volkseigentum sein! In welchen Betrieben heute gibt es diese Demokratie, wie sie in der DDR bestanden hat: Staatliche Leitung, BGL, FDJ, DSF, KdT, in Großbetrieben Betriebszeitung, SED – alle Einrichtungen konnten jederzeit von allen Werktätigen kontaktiert werden. Es fanden Vertrauensleutevollversammlungen statt. Es fanden regelmäßig Brigadeversammlungen, Mitgliederversammlungen der MO und der SED statt. Die staatlichen Leiter mussten vor allen Werktätigen regelmäßig Rechenschaft ablegen. Jeder Berufstätige hatte jederzeit die Möglichkeit, seine Probleme vertrauensvoll mit einem der Verantwortlichen zu diskutieren. Wo gibt es in der BRD diese demokratischen Möglichkeiten? Wie der »demokratische Sozialismus« in der Praxis aussieht, haben wir doch spätestens 1989 erleben können! Die Konterrevolutionäre setzten die Volkswirtschaftspläne außer Kraft, es wurden massenweise Versammlungen und Wahlen staatlicher Leiter durchgeführt, die demokratischen Organisationen wurden abgeschafft usw. Binnen kürzester Zeit gab es Anarchie, und die Wirtschaft war so am Boden zerstört, damit die westdeutschen Hintermänner, die das steuerten, diese Scherbenhaufen für ’nen Appel und ’nen Ei durch die »Treuhandstelle« übernehmen konnten. Wo sind denn diese »sozialistischen Demokraten« heute? Es sind hauptsächlich intellektuelle Revisionisten in der Partei Die Linke inclusive der sogenannten kommunistischen Plattform, die nach wie vor den antisozialistischen Slogan ausgeben, den »demokratischen Sozialismus« erreichen zu wollen. Also Anarchie mit solchen »Revolutionären« an der Spitze wie dem kapitalismustreuen Herrn Bodo Ramelow. Das Hauptproblem war, dass der Sozialismus mit dem anerkannten, sehr guten Sozialsystem nicht in der Lage war, die materiellen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen! Das haben sie heute, aber ohne die sozialen Errungenschaften der DDR, und wo die sind Schreie, wir wollen mehr Demokratie, vor allem in den Betrieben!
Siegfried Kotowski, Erfurt
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.10.2019.
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