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Leserbrief zum Artikel Abwicklung der DDR: Abwickeln, niedermachen, ausräumen vom 24.09.2019:

Überhastete Währungsunion

Mit den Aussagen des Beitrags stimme ich in wesentlichen Punkten überein. Ein Aspekt scheint mir jedoch zu kurz gekommen: Der bewusst von der Bundesregierung herbeigeführte Aufwertungsschock durch die Währungsunion ist nicht nur von Helmut Kohls und Theo Waigels offenbarer Unkenntnis des im Comecon üblichen Tausch- bzw. Verrechnungshandels verursacht worden, sondern auch von ihrer panischen Angst, plötzlich einige Millionen DDR-Bürger in »ihrer« Bundesrepublik begrüßen zu müssen. Der Slogan »Kommt die D-Mark, bleiben wir – kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr«, der von DDR-Bürgern auf Demos nach der Maueröffnung tausendfach skandiert worden war, hatte sie offenbar bis ins Mark so erschüttert, dass sie die Währungsunion überhastet vereinbarten.
Diese Angst ist am ehesten vergleichbar mit der Angst ehemaliger DDR-Bürger vor der »Flut« von Flüchtlingen, die aus von Kriegen zerstörten oder durch Ausbeutung verelendeten Ländern nach der »Grenzöffnung« durch die Bundeskanzlerin 2015 in den »goldenen Westen« drängten. Weil aber nur ein zahlenmäßig geringer Anteil dieser Asyl und wirtschaftliche Sicherheit suchenden Menschen in den »neuen« Bundesländern aufgenommen worden ist, bleibt mir der Hass unerklärlich, der ihnen dort von einer kleinen Minderheit entgegenschlägt. Dies um so mehr, als ich fast 16 Jahre – von 1992 bis 2008 – in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gearbeitet und dabei überwiegend nicht nur sehr freundliche, sondern kluge und fleißige Arbeitskolleginnen und -kollegen und Mitbürger kennen- und schätzen gelernt habe.
Im übrigen: Es gab auch in der alten Bundesrepublik Verlierer der Einheit, nämlich die Konzerne, die vom Währungsgefälle des »regulären« Umrechnungskurses vor Einführung der Währungsunion einen Gutteil ihres Profits gezogen hatten. Auch aus diesem Grund dürften die Liquidation bzw. der Konkurs der Versandhäuser Neckermann und Quelle, der Fleischgroßhändler Marox (Strauß-Freund Josef März) und Moksel sowie der Niedergang der Kaufhäuser Hertie, Karstadt und Kaufhof begünstigt worden sein, die nach erfolgter Währungsunion die zuvor sehr günstig erworbenen Waren nun in »harter« DM begleichen mussten.
Dass die Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen, die bei Übernahme der DDR-Banken durch Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank und diverse Ableger von Landesbanken durch Waigels und Breuels Truppen nie überprüft, sondern reichlicher Abbau von Arbeitsplätzen stillschweigend akzeptiert worden war, steht wohl außer Frage. Interessiert waren die Westbanker vor allem an der Neukreditierung von Altschulden und an den Kundendaten, nicht aber an den übernommenen Mitarbeitern.
Günter Steinke, Wiesbaden
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.09.2019.
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