Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Hippiebewegung: Kapitaler Mythos vom 16.08.2019:

Mehr Woodstock

Woodstock war das größte und schönste Erlebnis, das ich – nicht – gehabt habe. Frank Schäfer sieht jene Tage, in denen sich viele junge Menschen wohl mehr als je zuvor und mehr als je danach als »Gottes Kinder, gemacht aus goldenem Sternenstaub, auf dem Weg zurück zum Garten Eden«, fühlten, deutlich rationaler und kritischer. Sicher, Woodstock ist in der Tat nicht der Himmel auf Erden gewesen, sondern ein drogistisch und später dann medial und kommerziell aufbereitetes Magical. Aber was zählt und erzählt das heute, insbesondere für die amerikanische Kultur und Politik? Das Narrativ Woodstock steht antipodisch zur derzeitigen gesellschaftlichen Situation in Amerika, aber auch darüber hinaus. Es steht dafür, dass eine bessere, menschlichere Gesellschaft mit mehr Love, Peace and Understanding möglich sein sollte und sein kann. Woodstock ist und bleibt daher für mich eine genuin wirksame Droge für Glaube und Hoffnung. Diese vermeintlich ewiggestrige Überzeugung mag indes noch archaischer und amorpher anmuten mit der spitzfindigen Bemerkung, dass mir eine funktionierende Demokratie ohne ebendiesen Spirit (Liberalität, Verständnis und Solidarität als Dreiklang für ein friedlich(er)es Miteinander) in realiter nicht möglich scheint. Doch auch viele derer, die bei der Mutter aller Festivals tatsächlich dabei waren, teilen den (ethischen) Idealismus: »Die Welt von heute braucht mehr Woodstock.«
Matthias Bartsch, Lichtenau
Veröffentlicht in der jungen Welt am 16.08.2019.