4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Leserbrief zum Artikel Die Linke: »Prekarisierte Schichten betreten die politische Bühne« vom 15.06.2019:

Besinnung auf Inhalte

Ekkehard Lieberam benennt meines Erachtens im Interview von Arnold Schölzel grundsätzliche Probleme der Linken, auch wenn ich in einigen Fragen mit ihm nicht übereinstimme. Was tun?
Das Desaster der SPD ist offenkundig. Sie hat keine akzeptable politische Vision mehr und auch keine in Sicht. Sie hat kein Personal, das einen schon so oft angekündigten Paradigmenwechsel glaubhaft durchführen und auch der Wählerschaft vermitteln könnte. Hoffnungslos – und dann der Glaube von Scholz, die Partei könnte wieder stärkste Kraft werden. Aber ist denn Die Linke sehr viel besser dran? Da wird die Wahlschlappe doch offenbar auch nicht glaubhaft aufgearbeitet. Weiter so – wie die SPD –, nur ein wenig herumfrisieren und von besserer Vermittlung reden. Und die Funktionsträger gehen doch mindestens so miteinander um wie in der SPD. Und dann der Glaube, Die Linke bekomme Mehrheiten mit der SPD und den Grünen und könne so politische Positionen durchsetzen. Reichen denn die Erfahrungen nicht – soll es der Linken so gehen wie jetzt der SPD, nur dass der Weg zum Wahlergebnis unter fünf Prozent kürzer wäre?
Vielleicht könnte man, wie folgt, Klarheit schaffen. Lohnt es sich nicht, darüber nachzudenken, dass Die Linke der SPD Personalhilfe leistet. Wie wäre es, wenn Kipping und Riexinger, Lederer und Ramelow, Liebig u. a. nach ihren Auffassungen folgerichtig in die SPD einträten und dort die Wende zu ermöglichen suchen, denn sie vertreten doch vorwiegend ein ausgesprochen historisches sozialdemokratischen Programm – zurück zu den Wurzeln!
Und in Die Linke sollten jene bleiben und sich sammeln, die das Wort »Sozialismus« noch in den Mund nehmen, auch noch Marx gelesen haben, sich auf Aussagen von ihm berufen. Unter Verzicht auf die Tendenz zur Anpassung an das bestehende System sollte Die Linke entschiedener gegen soziale Ungleichheit, Ausbeutung, Kriege, gegen den Kapitalismus auftreten, klare linke Positionen zu internationalen Problemen wie Russophobie, Kuba und Venezuela, Nahost und besonders zur Politik Israels beziehen. Nicht zuletzt sollte sie andere Positionen zur DDR einnehmen, statt deren Charakterisierung als Unrechtsstaat sogar durch Funktionsträger der Linken zu dulden. Und man vernachlässige nicht den Niedergang der Kultur. Aufarbeitung der Treuhandtätigkeit ist zwar dringend geboten, aber bitte nicht als Deckmantel für alle anderen Versäumnisse. Die Errungenschaften der DDR, unser Eigentum werden uns nicht zurückgegeben werden. Selbst wenn man dort mit Sicherheit noch Schlimmeres als schon bekannt erfahren wird, was wird es verändern. Wir brauchen vor allem eine klare Konzeption für die Zukunft.
Wären das nicht die notwendigen klaren Verhältnisse, eine wirklich deutliche Programmpräzisierung, die sich die Wähler wünschen und die es ihnen ermöglichen würde, die Parteien klarer zu unterscheiden und dann darüber in Wahlen zu entscheiden. Manchmal könnte man glauben, es geht in den Parteien so zu wie gegenwärtig im Theater: Der Inhalt der Stücke zählt immer weniger, die Regie und das Eigeninteresse immer mehr. Ich empfehle nach Brecht Besinnung auf den Inhalt. Müssen wir wirklich warten, bis die SPD und Die Linke, zumindest aus dem Bundestag gewählt, ein klares Profil zeigen? Ich fürchte aber, selbst dann könnte den Meinungsführern in beiden Parteien auch nichts einfallen außer einem »Weiter so«!
Hermann Falk
Veröffentlicht in der jungen Welt am 04.07.2019.
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