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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Geopolitik: Britanniens Projektionen vom 26.04.2019:

Unberechtigte Zweifel

Wagner äußert in diesem – sonst sehr guten – Beitrag zur britischen imperialistischen Strategie nach einem »Brexit« auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der chinesischen Ansprüche und Aktivitäten im Südchinesischen Meer; wohl nach dem Prinzip »Fiat justitia, pereat mundus« liegt er damit ganz auf der Linie der US-amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Einmischungsversuche. Aber ganz so ist es nicht! Zumindest die nördlichen Paracel- oder Xi-Sha-Inseln sind eindeutig chinesisch auch nach der neuen Seerechtskonvention, da sie näher an Hainan (Insel der VR China) liegen als zu Vietnam oder den Philippinen.
Laut Wikipedia liegen die Inseln »rund 330 Kilometer südöstlich der chinesischen Insel Hainan und 400 Kilometer östlich von Vietnam.« Zur Ostgruppe, die somit eindeutig chinesisch ist, gehört auch die Hauptinsel, die 2,1 Quadratkilometer große Insel Yongxing Dao (auch Woody Island genannt).
Vietnam ist dringend zu raten, diese Ansprüche rasch aufzugeben! Der Autor aber unterstützt sie faktisch!
Auch das US-Protektorat Taiwan, die »Republik China«, erklärt noch immer ihre Ansprüche auf die »Gelbsandinseln« – klar: »im Namen Chinas«.
Bei den weiter südlich gelegenen Inseln (Spratley-Inseln, Scarborough-Riff), von denen Wikipedia übrigens meint, dass sie größtenteils von Vietnam besetzt seien (!), ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Seerechtskonvention (16.11.1994) nicht nur jahrhundertealte Ansprüche Chinas – egal ob unter dem Kaiserreich, der bürgerlichen Republik, dem Diktator Yuan Shikai oder dem Kriegsrechtsregime von Chiang Kai-shek – auf das Gebiet »innerhalb der neun Striche« bestanden hatten, die die anliegenden Staaten bzw. die Verwaltungen der Kolonien und »Schutzgebiete« (v. a. Französisch-Indochinas, Britisch-Nordborneos, Bruneis und Sarawaks sowie der US-Halbkolonie Philippinen) damals nicht in Frage stellten, sondern dass (die VR) China zu diesem Zeitpunkt bereits umfangreiche Aktivitäten der Nutzung der Inseln, Atolle und Riffe begann. Die Seerechtskonvention war diesbezüglich ein gewaltiger Enteignungsversuch! Wie im Falle der »Petersilieninsel« (»Isla de Perejil«) vor der marokkanischen Küste, die unbewohnt war, aber dennoch von Spanien beansprucht und 2002 kurzzeitig militärisch besetzt wurde, kann es erstens durchaus abweichende Regelungen geben. Sie müssen nur vereinbart sein. Aber sie müssen zweitens auch die vorherigen Aktivitäten und vor allem auch Aufschüttungen etwa von Riffen zu bewohnbaren Inseln durch Anliegerstaaten berücksichtigen! Und drittens ist es bis zu einfachen Fischern auf Hainan gedrungen, dass eine Anerkennung der Souveränität etwa der Philippinen über die inzwischen chinesisch erschlossenen Inseln v. a. die Einrichtung von US-Stützpunkten auf diesen Inseln ermöglichen dürfte! Der chinesisch-vietnamesische Dauerstreit gerade um die Spratley-Inseln nützt nur dem Imperialismus.
Dass sich westliche Mächte wie Großbritannien, um das es dem Autor ging, dort mit Hilfe solcher Konflikte breitmachen, um erklärtermaßen China zu bedrohen (»in die Schranken zu weisen«), kann man nicht kühl und unbeteiligt betrachten! Oder gar noch Argumente liefern! Zumindest darf das ein linker Autor m. E. nicht!
Volker Wirth, Berlin
Veröffentlicht in der jungen Welt am 30.04.2019.
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